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Kirchengeschichte

Johannes Chrysostomos – Teil 4

Das Engagement des Chrysostomos in der Mission kann uns heute zum Ansporn werden, strategisch und mit einem Weitblick Menschengruppen in den Fokus zu nehmen, die wir mit dem christlichen Glauben neu oder wieder erreichen können. Dabei ist jeder Kontext mit speziellen Herausforderungen verbunden, die erkannt werden müssen und eine gezielte Antwort brauchen. Im Kontext von Hochschulen und Studierenden kann es beispielsweise die wissenschaftliche und rationale Rechtfertigung von christlichen Lehrsätzen sein. Chrysostomos hat mit der Bereitschaft gelebt, sich aus gewissen Denkmustern zu lösen und pragmatische Lösungen zu finden. Von dieser Bereitschaft zu kreativen und pragmatischen Lösungen können wir lernen.

In diesem vierten Abschnitt über das Leben und Wirken von Johannes Chrysostomos soll ein kurzer Einblick in die Missionsaktivitäten von Chrysostomos gegeben werden. Diese Missionsaktivitäten gehen über die bereits in den vorherigen Blogbeiträgen behandelten Bereiche Armenfürsorge und Predigtdienst hinaus.

Beschäftigt man sich mit den Missionsaktivitäten von Chrysostomos, so gerät schnell die Gotenmission des Chrysostomos in den Fokus. Es war ihm während seiner Amtszeit in Konstantinopel ein großes Anliegen, Missionare für die Mission unter den Goten auszubilden. Besonders den Krimgoten wendete sich Chrysostomos zu und ermöglichte ihnen sogar die Nutzung einer Kirche in Konstantinopel, in welcher Gottesdienste in der Sprache der Goten gefeiert werden konnten. Es wird etwa um das Jahr 400 n. Chr. gewesen sein, als der Bischof von Konstantinopel dann mit Unila erstmals einen Krimgoten zum Bischof weihte. Hierin zeigt sich eine besondere Hinwendung zu den Goten und auch ein Gespür für die Notwendigkeit und Wichtigkeit von eigenen Amtsträgern und Gottesdiensten in der eigenen Sprache für die Goten.

Thomas Karmann erkennt bei Chrysostomos ebenfalls ein sehr hohes Interesse und Engagement für die Mission und stellt dabei die Frage, ob dieser Drang in der Missionsaktivität möglicherweise auch mit dem Anliegen zusammenhängt, den Einfluss Konstantinopels weiterzuentwickeln. So sind neben der Mission unter den Goten auch Initiativen des Chrysostomos in Phönizien, Skythien und Syrien bekannt. Selbst auf dem Weg in die Verbannung wissen wir von seinen missionarischen Gedanken über die Christen in Persien und von seinen Überlegungen bezüglich der Nachfolge des Gotenbischofs Unila. Die Nähe des Chrysostomos zur Mission zeigt sich darüber hinaus darin, dass er selbst in der bereits oben angesprochenen gotischen Kirche in Konstantinopel immer wieder den Verkündigungsdienst übernommen hat und dabei ins Gotische übersetzt wurde. Theologisch erkennt Chrysostomos in der Botschaft des christlichen Glaubens einen Universalismus, welcher sich nicht durch die Unterscheidung zwischen Griechen, Römern oder Barbaren aufheben lässt. Chrysostomos hatte also einen geweiteten Blick für die Mission, welcher nicht durch politische Schranken verengt gewesen ist, sondern über diese kulturellen und politischen Grenzen hinaus orientiert war. Es war ihm ein Anliegen, das Heilsangebot Gottes allen Menschen zugänglich zu machen, unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit.

Mit Konstantinopel stand Chrysostomos zudem einem Amtsbezirk vor, der Gegenden umfasste, die noch gar nicht vom christlichen Glauben erreicht worden waren. Er versuchte sich bei der Ausbildung von Missionaren vor allem auf die Mönche zu konzentrieren, welche aufgrund ihrer Lebensweise für die anstrengende Missionsarbeit gute Voraussetzungen mitbrachten. Gedanklich erstreckte sich das von Chrysostomos angestrebte Missionsgebiet wohl von der Grenze der Donau bis nach Asien. Dabei bemühte er sich nicht nur um die Sendung von Missionaren in diese Gebiete und deren Versorgung, er strebte auch nach der Ausbildung von Missionaren und geistlichen Amtsträgern innerhalb dieser Völker. Auch hier zeigt sich erneut die weitsichtige und strategische Herangehensweise und die Erkenntnis zur Dringlichkeit der christlichen Mission. Zudem erkannte Chrysostomos die Notwendigkeit der Kontextualisierung in der christlichen Mission.

Das Engagement des Chrysostomos in der Mission kann uns heute zum Ansporn werden, strategisch und mit einem Weitblick Menschengruppen in den Fokus zu nehmen, die wir mit dem christlichen Glauben neu oder wieder erreichen können. Dabei ist jeder Kontext mit speziellen Herausforderungen verbunden, die erkannt werden müssen und eine gezielte Antwort brauchen. Im Kontext von Hochschulen und Studierenden kann es beispielsweise die wissenschaftliche und rationale Rechtfertigung von christlichen Lehrsätzen sein. Chrysostomos hat mit der Bereitschaft gelebt, sich aus gewissen Denkmustern zu lösen und pragmatische Lösungen zu finden. Von dieser Bereitschaft zu kreativen und pragmatischen Lösungen können wir lernen.


Müller-Karpe, Hermann. „Grundzüge antiker Menschheitsreligion. 1. Jahrhundert v. Chr. bis 5. Jahrhundert.“

Wassilowsky, Günther, Merkt, Andreas & Wurst, Gregor. „Reformen in der Kirche. Historische Perspektiven.“

Warneck, Gustav. „Allgemeine Missions-Zeitschrift. Monatshefte für geschichtliche und theoretische Missionskunde.“