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Nachfolge

Tag der kleinen Dinge

Wir sind am Tag der kleinen Dinge. Das ist auch gut so. Denn was vor Menschen klein ist, das ist vor Gott häufig sehr groß. Unsere Aufgabe am Tag der kleinen Dinge ist es, dass wir treu sind und voller Hoffnung und Erwartung auf die großen Dinge zugehen, die Gott zu seiner Zeit tun möchte. Widmen wir uns den kleinen Dingen mit großer Freude. In deinem kleinen Job, deiner kleinen Familie, in deiner kleinen Kirche und in deiner kleinen Stadt.

Vor kurzem las ich davon, dass Thomas Edison auf der Weltausstellung 1878 in Paris das elektrische Licht präsentierte. Doch offensichtlich überzeugte er nicht wirklich. So sagte der Oxford Professor Erasmus Wilson: „Wenn die Pariser Weltausstellung vorbei ist, wird das elektrische Licht ausgehen und wir werden nie mehr davon hören.“ Auch als er ein Jahr später in den USA seinen Entwurf der Glühbirne zum Patent anmeldete, musste er in der Zeitung lesen: „Jeder, der damit vertraut ist, wird erkennen, dass die Glühbirne von Herrn Edison ein deutlicher Fehlschlag ist.“ Und doch war es seine Variante, die eine Serienfertigung möglich machen sollte. Seine kleine Erfindung wurde unterschätzt, aber hatte dennoch großen Erfolg.

Ähnliches wird von dem Schwaben Artur Fischer berichtet. Er erfand 1958 den Spreizdübel und meldete seine neue Entwicklung zum Patent an. Auch ihm glaubte man nicht wirklich und so soll er sogar ein Auto an die Wand geschraubt haben, um die Qualität seine Erfindung zu untermauern. Heute gibt es kaum jemanden, der noch nicht einen Dübel benutzt hat oder zumindest von dieser Erfindung weiß. Tatsächlich wurde Artur Fischer aufgrund der verkauften Menge zu einem sehr wohlhabenden Mann.

Wir tendieren manchmal dazu, kleine Dinge zu unterschätzen. Wir wollen das Große und setzen uns gerne mit den spektakulären Dingen auseinander. Als Christen glauben wir beispielsweise an einen großen Gott, mit einer unglaublich großen Mission. Das ist auch absolut korrekt. Gleichzeitig hat Gott aber eine erstaunliche Liebe für die kleinen Momente, die kleinen Dinge und die kleinen Orte. Es zeigt sich schon in der Menschwerdung Gottes.

Obwohl er in jeder Hinsicht Gott gleich war, hielt er nicht selbstsüchtig daran fest, wie Gott zu sein. Nein, er verzichtete darauf und wurde einem Sklaven gleich: Er wurde wie jeder andere Mensch geboren und war in allem ein Mensch wie wir. Er erniedrigte sich selbst noch tiefer und war Gott gehorsam bis zum Tod, ja, bis zum schändlichen Tod am Kreuz.

Philipper 2, 6-8; HfA

Wenn ich die Wahl gehabt hätte, dann wäre ich zunächst einmal in einer anderen Zeit mit mehr Annehmlichkeiten in diese Welt gekommen und hätte mir dann auch einen Ort wie New York, Los Angeles, Berlin oder Paris ausgesucht. Aber Jesus wird in Betlehem geboren. Es wirkt so klein und unbedeutend.

Wir können Gefahr laufen, dass wir die Größe der göttlichen Mission annehmen und dabei verpassen, die kleinen Dinge im Leben anzunehmen. Wir scheitern sozusagen an dem Kleinen. Das Problem ist, dass wir dem Kleinen in unserem Leben nicht entkommen können. Wir können es versuchen und beispielsweise in den Sozialen Medien den Anschein erwecken, indem wir nur die besonderen Momente darstellen. Meinen Hochzeitstag, das Festival, der Abschluss meines Studiums, mein neues Motorrad. Die Wahrheit ist aber, dass unser Leben aus sehr vielen kleinen Momenten und Dingen besteht und aus wenigen großen Momenten. Wir Menschen sind häufig große Träumer, die von einem kleinen Job, einer kleinen Kirche, einer kleinen Stadt und einem kleinen Leben umgeben sind. Wenn wir nicht lernen, mit den kleinen Dingen umzugehen, dann droht Frustration und Niedergeschlagenheit.

Das Buch Sacharja gibt uns ein passendes Beispiel für diese Problematik. Doch zunächst zum Kontext von diesem „kleinen Propheten“, der sich im Alten Testament versteckt. Als Jerusalem 587/586 v.Chr. durch die Babylonier besiegt wurde, mussten viele Juden ins Exil gehen. Viele Jahre lebten sie fern von der Heimat. Doch dann eroberte Kyros von Persien Babylon und erließ 538 v.Chr. ein Edikt, welches den Juden die Heimkehr unter Serubbabel erlaubte. Sie bekamen sogar die Möglichkeit, die Stadt und den Tempel wieder aufzubauen. Unter dieser Gruppe wirkte Sacharja und ermutigte die Rückkehrer beim Aufbau des Tempels. Doch als man mit den Arbeiten am Tempel begann, freuten sich zwar die jungen Menschen, doch die Alten weinten. Die Begründung finden wir in Esra 3, 10-13:

Als die Bauleute den Grundstein für den Tempel des HERRN legten, standen die Priester in ihren Gewändern daneben und bliesen die Trompeten. Die Leviten aus der Sippe Asaf schlugen die Zimbeln und lobten den HERRN. So hatte es schon David, der König von Israel, angeordnet. Sie priesen Gott und sangen im Wechsel das Lied: »Der HERR ist gütig, seine Gnade für Israel hört niemals auf!« Als der Grundstein für den Tempel des HERRN gelegt war und die Loblieder erklangen, brach das ganze Volk in lauten Jubel aus. Doch während die einen vor Freude jubelten, weinten die älteren Priester, Leviten und Sippenoberhäupter laut, denn sie hatten den ersten Tempel noch gekannt. Man konnte die Freudenschreie vom Weinen kaum unterscheiden. Der Lärm war so groß, dass er noch in der Ferne zu hören war.

Esra 3, 10-13; HfA

Die Alten erinnerten sich an den salomonischen Tempel in seiner Pracht. Der neue Tempel war kein Vergleich dazu. Die Träume von der Erneuerung der Nation starben in ihren Herzen am Tag der kleinen Dinge. Diese kleinen Schritte waren zu unbedeutend, als dass Freude und Motivation in ihnen Raum finden konnten. Dann lesen wir bei Sacharja eine beeindruckende Passage.

Dann gab mir der HERR folgende Botschaft für Serubbabel: »Was du vorhast, wird dir nicht durch die Macht eines Heeres und nicht durch menschliche Kraft gelingen: Nein, mein Geist wird es bewirken! Das verspreche ich, der HERR, der allmächtige Gott. Ein Berg von Hindernissen wird sich vor dir auftürmen, aber ich räume sie aus dem Weg. Wenn der Tempel wieder aufgebaut ist, wirst du den Schlussstein einsetzen – unter dem Jubel des Volkes!« Weiter sprach der HERR zu mir: »Serubbabel hat den Grundstein zu diesem Tempel gelegt, und er wird den Bau auch vollenden! Wer über die kleinen Anfänge enttäuscht war, der wird sich noch von Herzen freuen, wenn er den Schlussstein in Serubbabels Hand sieht!« Wenn dies eintrifft, werdet ihr erkennen, dass der HERR, der allmächtige Gott, mich zu euch gesandt hat.

Sacharja 4, 6-10; HfA

Gott weinte nicht über den Tag der kleinen Dinge. Mir gibt dieser Gedanke Trost, dass die Eigenschaft „klein“ kein Zeichen für das Missfallen Gottes ist. So oft ertappe ich mich bei dem Gedanken: „Wenn Gott es gutheißen würde und dabei ist, dann müsste es inzwischen größer sein“. Ich bin so oft gefangen in einem Erfolgsdenken und einem ungesunden Streben nach den Superlativen. Gott scheint so anders zu denken. Gott lässt seine Pläne gedeihen und geht dabei oft den Weg vieler Tage kleiner Dinge.

Der wahre und herrliche Tempel wurde nicht durch Serubbabel und seine Mitstreiter gebaut. Es war tatsächlich nur ein kleiner Anfang. Der Tag der kleinen Dinge blieb in gewisser Weise noch mehr als 400 Jahre beim Volk Israel. Dann kam der Tag der wirklich großen Dinge. Aber es war nicht durch Menschen gemacht, sondern durch Gott selbst, der seinen Sohn Jesus von den Toten auferweckte.

Die führenden Männer der Juden stellten Jesus daraufhin zur Rede: »Woher nimmst du dir das Recht, die Leute hinauszuwerfen? Wenn du dabei im Auftrag Gottes handelst, dann musst du uns einen eindeutigen Beweis dafür geben!« Jesus antwortete ihnen: »Zerstört diesen Tempel! In drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen.« »Was?«, riefen sie. »46 Jahre wurde an diesem Tempel gebaut, und du willst das in drei Tagen schaffen?« Mit dem Tempel aber meinte Jesus seinen eigenen Körper. Als er von den Toten auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger an diese Worte. Sie glaubten den Voraussagen der Heiligen Schrift und allem, was Jesus selbst ihnen gesagt hatte.

Johannes 2, 18-22; HfA

Gott ist geduldig genug, um Jahrhunderte kleiner Tage auszuhalten. Ich bin oft nicht geduldig genug für eine Woche kleiner Dinge. Das Reich Gottes beginnt klein. Es wächst aus einem alten Mann und seiner unfruchtbarer Frau (Jes 51,2). Es wächst aus „dem geringsten aller Völker“ (5 Mo 7,6-7). Es wächst aus Senfkorn und Sauerteig (Mt 13,31-33). Es wächst aus dem Embryo im Mutterleib einer Jungfrau und es wächst aus 12 ungebildeten Männern.

Wir beten und arbeiten für die großen Dinge, aber dabei widmen wir uns treu und zufrieden den kleinen Dingen. Was sind diese kleinen Dinge aber? Ich glaube Gott will unser Verständnis von Größe immer wieder umgestalten. Für ihn ist es groß, im Verborgenen zu beten, zu fasten und zu geben (Mt 6,1-18). Für ihn ist es groß, wenn wir mit dem treu sind, was Gott uns gegeben hat (Mt 25,14-30).

Deshalb sagte Jesus zu ihnen: »Ihr legt großen Wert darauf, dass man euch für Menschen hält, die nach Gottes Willen leben. Aber Gott kennt euer Herz. Was Menschen für beeindruckend halten, das verabscheut er.«

Lukas 16, 15; HfA

Viele, die jetzt einen großen Namen haben, werden dann unbedeutend sein. Und andere, die heute die Letzten sind, werden dort zu den Ersten gehören.«

Matthäus 19, 30; HfA

Wir sind am Tag der kleinen Dinge. Das ist auch gut so. Denn was vor Menschen klein ist, das ist vor Gott häufig sehr groß. Unsere Aufgabe am Tag der kleinen Dinge ist es, dass wir treu sind und voller Hoffnung und Erwartung auf die großen Dinge zugehen, die Gott zu seiner Zeit tun möchte. Widmen wir uns den kleinen Dingen mit großer Freude. In deinem kleinen Job, deiner kleinen Familie, in deiner kleinen Kirche und in deiner kleinen Stadt.