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Kirchengeschichte

Johannes Chrysostomos – Teil 1

Chrysostomos ist auch heute noch eine Ermutigung für Christen, eine demütige Gesinnung zu erlernen, um Gott dadurch zu gefallen. Es ist zudem der ideale Weg, um als Kirche ein Zeugnis der Einheit darzustellen.

Der Kirchenvater Johannes von Antiochia wird in den Ostkirchen als einer der drei heiligen Hierarchen verehrt. Auch im Westen ist er als einer der vier Kirchenlehrer des Ostens sehr anerkannt. Johannes von Antiochia ist heute vor allem unter seinem Beinamen Chrysostomos bekannt, welcher mit „Goldmund“ ins Deutsche übersetzt werden kann und darauf aufmerksam machen will, dass er als einer der größten Prediger der Kirchengeschichte betrachtet wird. Bekannt ist er außerdem aufgrund der heiligen und göttlichen Liturgie, die fast jeden Sonntag das Gottesdienstgeschehen in orthodoxen Kirchen bestimmt. Viele seiner Schriften sind in moderne Sprachen übersetzt worden.

Man geht davon aus, dass Johannes Chrysostomos um 349 n. Chr. in Antiochien am Orontes, in der heutigen Türkei, geboren wurde. Er wurde in eine wohlhabende Familie hineingeboren und so waren die Eltern von Chrysostomos in der Lage, ihrem Sohn eine sehr gute Ausbildung zu ermöglichen. Ab dem fünften oder sechsten Lebensjahr hat er die Elementarschule besucht und im Anschluss eine weiterführende Schule absolviert, bis er im Alter von etwa 15 Jahren im Jahr 363 den Unterricht bei Libianus aufnahm. Libianus war im oströmischen Reich ein angesehener Rhetorikprofessor. Der Unterricht bei Libianus kam im Jahr 367 zu einem Abschluss. In der Fastenzeit im Jahr 368 wird Chrysostomos dann wohl den Taufunterricht absolviert haben, bevor er von Bischof Meletius getauft wurde, welcher ihn 371 n. Chr. auch zum Lektor machte. Von 367 bis 372 n. Chr. war Chrysostomos Schüler von dem herausragenden Exegeten Diodor, welcher in Antiochien einer Gruppe junger Asketen vorstand. Im Jahr 372 n. Chr. zog sich Chrysostomos als Asket in die Berge zurück. Während dieser Zeit verbrachte Chrysostomos mehrfach mehrere Monate in eine Höhle, wobei er kaum schlief und das Fasten intensivierte. In dieser Zeit lernte er vermutlich auch die Evangelien auswendig. Im Winter 378/379 n. Chr. kehrte Chrysostomos in die Stadt zurück und wurde erneut Lektor bei Bischof Meletius. 381 n. Chr. wurde Chrysostomos dann zum Diakon und 386 n. Chr. zum Priester und damit auch zum Prediger geweiht.

Als Presbyter erwarb sich Chrysostomos einen sehr guten Ruf als herausragender Prediger seiner Zeit. So wurde er 397 n. Chr. durch den Kaiser nach Konstantinopel gebracht und im Jahr 397 oder 398 n. Chr. mit etwa fünfzig Jahren zum Bischof von Konstantinopel geweiht. Durch die Weihe wurde er schnell verstärkt in kirchliche und politische Konflikte hineingezogen. Durch diese Konflikte, welche auch auf die Unnachgiebigkeit des Chrysostomos in Fragen der christlichen Ethik zurückzuführen sind, wurde er zweimal ins Exil verbannt. Die Strapazen seiner zweiten Exilsreise sollte er nicht überleben und so starb er 407 n. Chr. in der Kapelle des Basiliscus in Comana Pontica. 438 n. Chr. wurden die sterblichen Überreste von Chrysostomos nach Konstantinopel gebracht und dort beigesetzt. Chrysostomos bedeutende Wirkungsgeschichte konnte aufgrund seiner Rehabilitierung bis heute fortgesetzt werden.

Für Chrysostomos scheint vor allem der Wesenszug beziehungsweise die Tugend der Demut zentral für seine Ethik und seinen missionarischen Eifer gewesen zu sein. In seiner Auslegung zum Matthäusevangelium benennt Chrysostomos die Demut als die Mutter aller Tugenden. Hochmut zeigt sich hingegen als die Mutter aller Sünde. Er folgt damit den Überzeugungen des einflussreichen Theologen Origenes, welcher die Demut überhaupt erst als christliche Tugend etabliert hatte. Besonders auffällig ist die intensive Beschäftigung mit der Demut anhand der Auseinandersetzung des Chrysostomos mit dem paulinischen Brief an die Philipper. Dieser Brief spielte in den exegetischen Bearbeitungen der alten Kirchen tendenziell eine untergeordnete Rolle, Chrysostomos liefert mit seinen Homilien zu diesem Brief jedoch eine umfassende Auslegung, welche insbesondere den Aspekt der Demut in den Fokus nimmt. So ist Chrysostomos zusammen mit Augustinus der Kirchenvater, der sich am umfassendsten mit dem Verständnis der Demut in den paulinischen Schriften auseinandersetzt. Chrysostomos verdeutlicht in seinen Homilien zum Philipperbrief, dass Paulus die Christen in Philippi zu einem Voranschreiten in der Demut auffordert. Vorbild für diese Weiterentwicklung sind Personen aus dem Alten Testament wie Josef oder Daniel. Dabei ist Demut immer von Anbiederung oder Schmeichelei zu unterscheiden, denn darin wird das Streben nach dem eigenen Vorteil deutlich und lediglich schauspielerisch nach außen durch Unterwürfigkeit versteckt. Wahre Demut zeigt sich hingegen darin, dass die eigenen Interessen zurückgestellt werden, um Gott zu gefallen und anderen Menschen zu dienen. Dieser Aspekt der Demut wird vor allem in Christus selbst sichtbar, welcher seinen hohen Status in der Inkarnation aufgibt. Christus zeigt dadurch eine demütige Gesinnung, indem er freiwillig den höchsten Rang verlässt und eine niedrige Stellung einnimmt, um Gott zu gefallen und das Werk der Erlösung zu vollbringen. Damit wird er zum Urbild der Tugend der Demut.

In der Betrachtung des Chrysostomos zur Tugend der Demut wird ein missionarischer Bezug erkennbar. In seiner ersten Homilie zum Philipperbrief argumentiert Chrysostomos, dass die Eintracht unter den Christen in Philippi aus der Demut hervorgeht. Die Eintracht unter den Christen fördert wiederum die Verkündigung des Evangeliums und ist damit entscheidender Faktor der Mission. So wird es im Gebet Jesu für seine Jünger in Johannes 17 deutlich:

„Ich bitte aber nicht für diese allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden, auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; auf dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und ich habe die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben, auf dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie zu vollendeter Einheit gelangen, und damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, gleichwie du mich liebst.“

Johannes 17, 20-23; SCH2000

Chrysostomos ist also auch heute noch eine Ermutigung für Christen, eine demütige Gesinnung zu erlernen, um Gott dadurch zu gefallen. Es ist zudem der ideale Weg, um als Kirche ein Zeugnis der Einheit darzustellen.


Brändle, Rudolf. „Johannes Chrysostomus. Bischof – Reformer – Märtyrer.“