Kategorien
Nachfolge

Glaube & Politik

Aufschlussreich ist sicherlich die Beobachtung, dass der christliche Glaube unter Regimen geboren wurde. Weder der mörderische Herodes noch der Christen tötende Nero konnte die Ausbreitung des christlichen Glaubens verhindern. Diese Erkenntnis führt wiederum zu der Schlussfolgerung, dass der christliche Glaube nicht von einer qualifizierten menschlichen Regierung abhängig ist. Gott verliert seine Souveränität nicht durch Könige, Despoten oder demokratisch gewählte Regierungen.

Nur noch ein Tag bis zur Bundestagswahl. Die Ära Merkel kommt nach 16 Jahren zu einem Ende. Ich selbst kann mich an eine Zeit vor Angela Merkel kaum erinnern. Fast stellt sich mir die Frage, ob es überhaupt legal ist, wenn eine andere Person als Angela Merkel ins Kanzleramt einzieht. Durch das Land zeigen sich verschiedene Ansichten. Die einen sind froh, dass die Ära Merkel bald beendet ist und größere Veränderungen anstehen könnten. Die anderen befürchten, dass eine gewisse Stabilität in Deutschland und auch in Europa verloren gehen könnte.

Die unterschiedlichen Positionen machen selbstverständlich auch vor den Kirchen und Gemeinden in unserem Land nicht halt. Das Zusammenspiel von Glaube und Politik ist seit jeher besonders wichtig, aber zugleich auch besonders brisant. Der Blick in die Vereinigten Staaten von Amerika hat in den vergangenen Jahren gezeigt, wie sich Menschen, die sich Christen nennen, zumindest teilweise in der politischen Debatte verloren haben. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass der ein oder andere dabei seinen eigentlichen Auftrag aus den Augen verloren hat. Schnell machen wir uns auch durch die Art und Weise, wie wir uns in politische Diskussionen einbringen, unglaubwürdig. Auch in Deutschland erleben wir, dass eine ohnehin hitzige Stimmung durch die Herausforderungen und politischen Entscheidungen in der Coronakrise weiter angefacht worden ist. Dabei gehen die Meinungen auch unter Christen teilweise sehr weit auseinander.  

Im Berliner Tagesspiegel habe ich kürzlich gelesen, dass man statt einem Kreuz auch ein Herz auf den Wahlzettel zeichnen kann. Fragezeichen sind aber wohl ausdrücklich nicht erlaubt. Bevor du nun am Sonntag ein Herz auf deinem Wahlzettel hinterlässt, solltest du dich selbstverständlich nochmal rückversichern. Schließlich möchte ich nicht für eine ungültige Stimme verantwortlich sein. Die Frage die sich mit diesem Herz auf dem Stimmzettel für mich verbindet, ist: Gibt es eine biblische Orientierung für Christen in Bezug auf Politik, die über den Vorschlag hinausgeht, ein paar Herzen im Sinne der Nächstenliebe auf dem Wahlzettel zu verteilen?

Ich möchte versuchen drei Gedanken zu verdeutlichen, die in Bezug auf Glaube & Politik Orientierung bieten können. Selbstverständlich ohne den Anspruch auf Vollständigkeit, denn logischerweise könnte man immer weiter differenzieren und ganze Bücher über das Thema Glaube und Politik schreiben.

Prophetische Perspektive

Liebt nicht diese Welt und hängt euer Herz nicht an irgendetwas, das zu dieser Welt gehört. Denn wer die Welt liebt, kann nicht zugleich Gott, den Vater, lieben. Was gehört nun zum Wesen dieser Welt? Selbstsüchtige Wünsche, die Gier nach allem, was einem ins Auge fällt, das Prahlen mit Wohlstand und Macht. All dies kommt nicht von Gott, unserem Vater, sondern gehört zur Welt. Die Welt aber mit ihrer Unersättlichkeit wird vergehen. Nur wer tut, was Gott will, wird ewig leben.

1. Johannes 2,15-17; HfA

Zunächst zeigt sich uns im 1. Johannesbrief, dass dieses System, in dem wir alle leben, irgendwann vergehen wird. Die Schlussfolgerung aus dieser Beobachtung ist für Paulus offensichtlich, dass wir unser Herz nicht an etwas hängen, das zu dieser Welt gehört. Noch deutlicher wird es im 1. Korintherbrief im Kapitel 7.

Denn eins steht fest, Brüder und Schwestern: Wir haben nicht mehr viel Zeit. Deshalb soll von nun an für die Verheirateten ihr Partner nicht das Wichtigste im Leben sein. Wer weint, soll sich von seiner Trauer nicht gefangen nehmen lassen, und wer sich freut, lasse sich dadurch nicht vom Wesentlichen abbringen. Wenn ihr etwas kauft, betrachtet es so, als könntet ihr es nicht behalten. Verliert euch nicht an diese Welt, auch wenn ihr in ihr lebt. Denn diese Welt mit allem, was sie zu bieten hat, wird bald vergehen.

1. Korinther 7,29-31; HfA

Paulus will an dieser Stelle wohl nicht solche Dinge wie die Ehe, die Trauer, die Freude oder den Erwerb von Dingen als unbedeutend darstellen. Diese Dinge sind an sich ja absolut in Ordnung und gehören zu unserem Leben. Aber Paulus erinnert uns: Denke daran, dass du mit einem Bein in dieser Welt stehst und mit dem anderen Bein bei Gott in seinem ewigen Königreich. Wir sind in gewisser Weise Bürger zweier Königreiche, wobei wir wissen dürfen, dass nur eines dieser beiden Reiche überdauern wird.

Wir dagegen haben unsere Heimat im Himmel. Von dort erwarten wir auch Jesus Christus, unseren Herrn und Retter.

Philipper 3,20; HfA

Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen. Sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin.

Johannes 17,15-16; SCH2000

Der Fokus ist also zunächst das überdauernde Reich Gottes und die politischen Würfel werden am Ende so fallen, wie Gott es zulässt, dass sie fallen. Es scheint auch keine Aufforderung von Jesus oder seinen Aposteln zu geben, die direkt darauf abzielt, Korruption oder schlechtes Verhalten einer Regierung zu verändern. Mir fällt kein Aufruf zum politischen Protest ein, wie wir ihn kennen. Das heißt sicher nicht, dass diese Dinge aus biblischer Perspektive falsch sind. Sie können wohl absolut im Willen Gottes sein und Dinge zum Positiven wenden. Es geht an dieser Stelle nur um die simple Beobachtung: Nachfolger wurden zunächst angewiesen, das Evangelium zu verkünden und ein Leben zu leben, das ein eindeutiges Zeugnis der verändernden Kraft des Evangeliums ablegt.

Der einzigartige und gottgegebene Sinn der Kirche liegt also nicht im politischen Aktivismus. Unser Auftrag liegt nicht darin, Nationen durch politische Reformen zu verändern. Der Auftrag der Kirche ist die Veränderung von Herzen durch das lebendige Wort Gottes. Und damit ist an dieser Stelle zunächst die Gesamtheit der Kirche gemeint, nicht die einzelne Berufung, die durchaus auch das politische Engagement beinhalten kann.

Die Prophetische Perspektive bewahrt uns also vor einer vergifteten Hysterie in politischen Fragen, weil unser Fokus nicht eine politische Umwälzung ist. Man könnte auch sagen: Die Hauptsache ist, dass die Hauptsache die Hauptsache bleibt. Die Prophetische Perspektive bewahrt uns auch davor, unsere Hoffnung auf das falsche Kreuz zu setzen. Denn am Ende bestimmt nicht das Kreuz auf dem Wahlzettel unser Leben, sondern das Kreuz von Golgatha und die Botschaft des Evangeliums.

Souveränität Gottes

Er ist der Herr der Zeit und bestimmt, was wann geschieht; er setzt Könige ab und überlässt anderen ihren Thron. Den Weisen schenkt er ihre Weisheit und den Verständigen ihren Verstand!

Daniel 2,21; HfA

Man wird dich aus der menschlichen Gemeinschaft ausstoßen, und du musst unter den Tieren hausen. Du wirst Gras fressen wie ein Rind und nass werden vom Tau. Erst wenn sieben Zeiträume vergangen sind, wirst du erkennen: Der höchste Gott ist Herr über alle Königreiche der Welt. Er vertraut die Herrschaft an, wem er will.

Daniel 4,22; HfA

Die Bibel macht immer wieder deutlich, dass Gott die Kontrolle hat. Diese Erkenntnis und Wahrheit ist auch unabhängig davon, ob wir das Handeln Gottes zu jeder Zeit verstehen können. Wir dürfen wissen und vertrauen, dass Gott auch die Politik als Werkzeug zur Umsetzung seines Willens nutzt.

Herodes war außer sich vor Zorn, als er merkte, dass die Sterndeuter ihn getäuscht hatten. Er ließ in Bethlehem und Umgebung alle Jungen, die zwei Jahre oder jünger waren, umbringen. Denn nach den Angaben der Sterndeuter musste das Kind in diesem Alter sein.

Matthäus 2,16; HfA

Aufschlussreich ist sicherlich die Beobachtung, dass der christliche Glaube unter Regimen geboren wurde. Weder der mörderische Herodes noch der Christen tötende Nero konnte die Ausbreitung des christlichen Glaubens verhindern. Diese Erkenntnis führt wiederum zu der Schlussfolgerung, dass der christliche Glaube nicht von einer qualifizierten menschlichen Regierung abhängig ist. Gott verliert seine Souveränität nicht durch Könige, Despoten oder demokratisch gewählte Regierungen.

Ja, Gott ist König über alle Völker, er sitzt auf seinem heiligen Thron.

Psalm 47,9; HfA

Was er will, das tut er auch – sei es im Himmel oder auf der Erde, im Meer oder in den tiefsten Tiefen.

Psalm 135,6; HfA

Gott hält das Lenkrad in seiner Hand und kann den Kurs ändern, wie er will (vgl. Spr 21,1). Gott nutzt immer wieder Menschen in Machtpositionen, um seinen Vorsatz zu erfüllen. Dabei entsprechen diese Personen nicht immer unserem Bild eines fähigen und gerechten Herrschers. Gott gebraucht den babylonischen König Nebukadnezar, um das Urteil über sein ungehorsames Volk zu bringen (vgl. Jer 25,8-9). Und er gebraucht Kyros von Persien, um sein Volk nach dem Exil wieder nach Hause zu führen (vgl. Jes 44,28).

Die Souveränität Gottes bewahrt uns vor dem Irrglauben, dass wir eine qualifizierte und fähige Regierung brauchen, um unseren Auftrag zu leben. Sie bewahrt uns außerdem vor dem hochmütigen Gedanken, dass wir ein biblisch verbrieftes Recht auf eine fähige Regierung oder ein demokratisches Staatswesen haben.

Biblischer Auftrag

Jeder soll sich den Behörden und Amtsträgern des Staates unterordnen. Denn es gibt keine staatliche Macht, die nicht von Gott kommt; jede ist von Gott eingesetzt. Wer sich also den Regierenden widersetzt, handelt gegen die von Gott gegebene Ordnung und wird dafür von ihm verurteilt werden. Wer gut und richtig handelt, braucht die staatliche Macht ohnehin nicht zu fürchten; das muss nur, wer Böses tut. Wollt ihr also ohne Angst vor Bestrafung leben, dann tut, was richtig und gut ist, und euer Verhalten wird Anerkennung finden. Die Staatsgewalt steht im Dienst Gottes zum Nutzen jedes Einzelnen. Wer aber Unrecht tut, muss sie fürchten, denn Gott hat ihr nicht ohne Grund die Macht übertragen, Strafen zu verhängen. Sie handelt im Auftrag Gottes, wenn sie unbestechlich alle bestraft, die Böses tun. Es sind also zwei Gründe, weshalb ihr euch der staatlichen Macht unterordnen müsst: zum einen, weil euch sonst das Urteil Gottes droht, zum andern, weil schon euer Gewissen euch dazu auffordert. Die Vertreter des Staates üben ihren Dienst im Auftrag Gottes aus, deshalb zahlt ihr ja auch Steuern. Gebt also jedem, was ihr ihm schuldig seid. Zahlt die Steuern, die man von euch verlangt, ebenso den Zoll. Unterstellt euch der staatlichen Macht und erweist denen, die Anspruch darauf haben, den notwendigen Respekt.

Römer 13,1-7; HfA

Dieser Text aus dem Römerbrief gehört sicherlich zu den herausforderndsten Bibelstellen im Neuen Testament. Insbesondere im Hinblick auf Unrechtsstaaten. Die Grundaussage von Paulus scheint zu sein: Ordnet euch den regierenden Autoritäten unter, ehrt sie und respektiert sie. Er selbst lebte im Römischen Reich, bei dem wir trotz erstaunlicher Strukturen nicht von einem freiheitlichen Staat sprechen können. Es gab aber eine gewisse Ordnung und funktionierende Systeme. Paulus fasst also zunächst die Beobachtung zusammen, dass Anarchie und ein gesetzloser Mob oftmals schlimmer ist als eine schlechte oder ungerechte Regierung. Zudem müssen wir auch bei diesem Text die Situation berücksichtigen, in der Paulus als Leiter der jungen christlichen Bewegung mit Weisheit zu manövrieren versucht. Hier verdeutlicht er gegenüber dem römischem Staat, dass die Christen grundsätzlich erstmal gesetzestreue Bürger sind. Gibt es dennoch Momente, in denen das nicht mehr gilt? Die Antwort ist ja und ist anhand von Passagen aus der Apostelgeschichte zu verdeutlichen.

Petrus und die anderen Apostel erwiderten: »Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!

Apostelgeschichte 5,29; HfA

Aber Petrus und Johannes antworteten nur: »Urteilt selbst: Ist es vor Gott recht, euch mehr zu gehorchen als ihm?

Apostelgeschichte 4,19; HfA

Es gibt Momente, in denen der Christ deutlich machen muss, dass ihm der Gehorsam gegenüber Gott wichtiger ist als der Gehorsam gegenüber Menschen. Auch bei Daniel im Alten Testament sehen wir dafür ein Beispiel. Er lässt sich das Gebet nicht verbieten und ist bereit, die Konsequenzen für seine Entscheidung zu tragen. Paulus verdeutlich aber: Sei sehr vorsichtig damit, wie schnell du an diesen Punkt kommst und dich vom beschriebenen Grundsatz lösen wirst.

Den wichtigen biblischen Auftrag zum Gebet für Regierung und Staat finden wir im 1. Timotheusbrief. Man könnte anhand dieser Stelle zu einer praktischen Handlungsempfehlung kommen und sich dafür entscheiden, mehr Worte im Gebet für die Regierungen zu machen, als Worte der Entrüstung zu sprechen.

Betet besonders für alle, die in Regierung und Staat Verantwortung tragen, damit wir in Ruhe und Frieden leben können, ehrfürchtig vor Gott und aufrichtig unseren Mitmenschen gegenüber. So soll es sein, und so gefällt es Gott, unserem Retter.

1. Timotheus 2,2-3; HfA

Wenn am Sonntag die Bundestagswahlen anstehen, dann steht der Nachfolger Christi in der Verantwortung vor Gott. Ich denke es ist ganz normal, dass bei dieser Wahlentscheidung das Leben für Jesus eine Auswirkung haben wird. Doch die Entscheidung bei einer Wahl sollte nicht manipulativ durch religiöse Autoritäten beeinflusst werden. Unser Fokus auch in diesen Tagen sollte es sein, dass Evangelium mit Freude und Kraft weiterzutragen, denn es ist die rettende Botschaft, die Menschenherzen verändert. Es ist eine Zeit, in der wir als Versöhner auftreten können in einem Klima der vergifteten Hysterie und der Verbitterung. Wir dürfen zu jeder Zeit darauf vertrauen, dass die Fehler und Unzulänglichkeiten einer menschlichen Regierung ein Maulwurfshügel gegenüber dem Himalaja-Gebirge der Segnungen darstellen, die wir in Christus haben.