Dankbarkeit wird in der Bibel oft befohlen und angemahnt.
Es ist gut, den HERRN zu preisen und deinen Namen, du Höchster, zu besingen; am Morgen zu verkünden deine Gnade und deine Treue in den Nächten zur zehnsaitigen Laute und zur Harfe, zum klingenden ⟨Spiel⟩ auf der Zither
Psalm 92,2-4
Und alles, was ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, und sagt Gott, dem Vater, Dank durch ihn!
Kolosser 3,17
Aber warum eigentlich? Was ist das Ziel oder die Wirkung von Dankbarkeit? Um diese Frage zu beantworten, hilf es, sich zunächst der Frage zu nähern, wozu Dankbarkeit nicht gedacht ist. Denn hier liegt ein häufiges Missverständnis vor. Dankbarkeit ist nicht dazu gedacht, unseren Gehorsam gegenüber Gott zu motivieren. Nach dem Motto: „Aus Dankbarkeit für die Gnade Gottes sollte ich ihm gehorchen.“ Dankbarkeit für das, was Gott für mich getan hat, ist natürlich richtig. Aber der Versuch, aus Dankbarkeit ein Leben des Gehorsams zu erzeugen, wird nicht funktionieren. Diese Bemühungen rufen nur ein demotivierendes Schuldgefühl hervor. Vielleicht hast du schonmal so ähnlich gedacht: „Gott du bist so gut zu mir, jetzt will ich dir etwas zurückgeben und dir ernsthafter nachfolgen.“ Aber diese Vorgehensweise scheitert so, wie der Gedanke: „Gott, wenn du das tust, dann will ich auch immer das und das tun.“ Die Erfahrung zeigt, dass diese Motivation oftmals nicht lange anhält.
Nirgendwo in der Bibel wird Dankbarkeit ausdrücklich mit der Motivation zum Gehorsam in Verbindung gebracht. Wir finden keine Formulierungen wie: „aus Dankbarkeit“ oder „in Dankbarkeit“ war er oder sie gehorsam und treu gegenüber Gott. Was finden wir stattdessen? Wenn Gott uns motivieren will, ihm zu gehorchen, ruft er uns auf, aus dem Glauben zu leben. Die Bibel beschreibt den christlichen Gehorsam als „Gehorsam des Glaubens“ (Röm 1,5), als „Werk des Glaubens“ (1 Thess 1,3), als „Leben im Glauben“ (Gal 2,20), als „Wandel im Glauben“ (2 Kor 5,7). Die Bibel beschreibt den christlichen Gehorsam also nicht als Gehorsam der Dankbarkeit. Es ist vielmehr der feste Glaube an das, was Gott verspricht, jetzt und in Zukunft für uns zu tun, der unseren Gehorsam motiviert.
Und dennoch stehen Dankbarkeit und Glaube offensichtlich in einer dynamischen Beziehung zueinander. Sie haben aber unterschiedliche Funktionen. In der Bibel werden sie oftmals zusammen erwähnt (Ps 9,2 und Ps 9,11). Der Psalmist in Ps 9 erzählt voller Dankbarkeit von den vergangenen Taten des Herrn. Sein Glaube wächst von Satz zu Satz spürbar und geht über in die Entscheidung, in den kommenden Schwierigkeiten sein Vertrauen wieder auf den Herrn zu setzen und ihm treu zu sein. So lässt sich ein Kreislauf der Dankbarkeit in unserem Leben beschreiben.
Die Dankbarkeit für die Gnade Gottes in der Vergangenheit stärkt meinen Glauben für das zukünftige Handeln Gottes. Dieser Glaube ermöglicht ein Leben der Nachfolge und des Gehorsams, welches meine Rettung bestätigt (nicht begründet) und in mir immer tiefere Dankbarkeit auslöst. Die Grafik zeigt durch einen Zeitstrahl im unteren Bereich die beiden verschiedenen Schritte im Leben eines Christen. Zunächst die Rettung durch Glaube und daran anschließend das Leben im Glauben.
Die große Herausforderung der Dankbarkeit ist verborgen in Eph 5,15-21.
Seht nun genau zu, wie ihr wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise! Kauft die ⟨rechte⟩ Zeit aus! Denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist! Und berauscht euch nicht mit Wein, worin Ausschweifung ist, sondern werdet voller Geist, indem ihr zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern redet und dem Herrn mit eurem Herzen singt und spielt! Sagt allezeit für alles dem Gott und Vater Dank im Namen unseres Herrn Jesus Christus! Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi,…
Ephemer 5,15-21
Der Fokus an dieser Stelle ist: „werdet voller Geist!“. Es folgt die Konjunktion „indem“. Anschließend beschreiben dann 5 Verben im Partizip Präsens, wie sich auswirkt, mit dem Heiligen Geist erfüllt zu werden: reden, singen, spielen, danksagen, unterordnen. Unsere Aufmerksamkeit richtet sich auf das Danksagen. Dieses Danksagen soll „allezeit“ stattfinden. Das heißt, es gibt keine Phase im Leben, keinen Tag, keine Stunde, in der es nicht richtig und angemessen ist, Gott zu danken. Dieser Gedanke ist nicht gleichzusetzen mit der Aufforderung, in jede schmerzhafte Situation zu gehen mit einer seltsam anmutenden Dankbarkeit. Paulus macht an verschiedenen Stellen deutlich, dass wir viele Emotionen gleichzeitig haben können.
… sondern in allem empfehlen wir uns als Gottes Diener, in vielem Ausharren … als Traurige, aber allezeit uns freuend; als Arme, aber viele reich machend; als nichts habend und ⟨doch⟩alles besitzend.
2 Korinther 6,4 & 10
Nach dem „allezeit“ finden wir auch die Aufforderung „für alles“ dankbar zu sein. Hier heißt es nicht „in allem“ wie in 1 Thess 5,18. Beides scheint wahr zu sein. Wir sollen in allem und für alles dankbar sein. Nur ist die Dankbarkeit für alles noch einmal deutlich herausfordernder. Ich weiß nicht, wie das jemals in meinem Leben vollkommene Realität werden soll.
Unsere Dankbarkeit soll sich an den „Gott und Vater“ richten, „im Namen unserers Herrn Jesus Christus“. Wir erkennen hier das väterliche Kümmern und herrschende Kraft Jesu. Dieser Vater und dieser Herr sind in der Lage, alles umzukehren in etwas, wofür wir Danke sagen. Das erleichtert das Danksagen in einigen Momenten sicherlich, aber dennoch scheint die Dankbarkeit „für alle“ Dinge immer noch weit entfernt von dem zu sein, wo ich stehe. Vielleicht geht es dir ähnlich.
Wie kann Paulus das sagen? Der Schlüssel scheint in der Erfüllung mit dem Heiligen Geist zu liegen. Denn ein Kennzeichen der tiefen Fülle des Heiligen Geistes ist die Fähigkeit für alles ehrlich danksagen zu können (Eph 5,15-20). Aber wie kann das Werk des Geistes in unserem Leben dazu befähigen, für alles dankbar zu sein? Eine Antwort finden wir in Eph 1,17-20.
… dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe ⟨den⟩ Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst. Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr wisst, was die Hoffnung seiner Berufung, was der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen und was die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, ist, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke. Die hat er in Christus wirksam werden lassen, indem er ihn aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in der Himmelswelt gesetzt hat, …
Epheser 1,17-20
Der Vater gibt den Geist der Weisheit und Offenbarung. Aber welche Weisheit und Offenbarung? Es ist eine Weisheit und Offenbarung, um Gott selbst zu erkennen. Aber was erkennen wir, wenn wir Gott selbst erkennen? Wir erkennen die Hoffnung seiner Berufung, den Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes und die überragende Größe seiner Kraft. Wenn wir diese Dinge kennen, dann kennen wir Gottes Fähigkeit, alle Dinge zu unserem Guten zu wenden. Da bin ich sicher noch nicht angekommen. Aber die Folge über diese Erkenntnis soll nicht sein, dass ich aufhöre zu glauben, dass die Fülle des Heiligen Geistes diesen Glauben in mir erwecken kann. Die Folge soll nicht Verzweiflung sein, sondern ein ehrliches Verlangen: „Gib mir deinen Geist mehr als bisher, sodass ich am Tag der Trauer dir als Trauernder noch immer danksagen kann.“ Und so lässt sich die Grafik erweitern.
Wir brauchen eine tiefere Erkenntnis Gottes durch das Wirken des Heiligen Geistes, um ein Leben der Dankbarkeit und damit auch ein Leben im Glauben führen zu können. Es ist der Heilige Geist, der bewässert und den Glauben zur Rettung wie auch die Dankbarkeit, um ein Leben im Glauben zu fördern, hervorbringt.