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Theologie

Auferstehungsleib

Der Blick auf die Auferstehung Jesu ist für uns ein Vorgeschmack auf die Auferstehung, die wir erwarten dürfen. Es führt uns das herrliche Bild vor Augen, wenn leibliche und immaterielle Dimension in Perfektion wieder zusammengeführt werden und Gott es als „sehr gut“ beschreibt.

Wenn es um die Auferstehung geht, haben wir manchmal ein althergebrachtes Bild im Kopf und nicht jeder Gläubige ist in der Lage, ein einigermaßen klares und biblisches Bild dessen zu beschreiben, was die Auferstehungshoffnung des christlichen Glaubens beinhaltet. Uns geht es so, obwohl die Auferstehung unsere zentrale letzte Hoffnung ist.

Wenn es um Auferstehung oder generell das Leben nach dem Tod geht, ist eine wesentlichen Frage das Verhältnis von Körper und Seele. Wie stehen Körper und Seele zueinander? Wie bringen wir die Begriffe wie Körper, Geist, Seele zueinander? Was geschieht bei der Auferstehung, wie sieht das aus? Zu diesen Fragen gibt es angeregte Diskussionen unter Christen, da wir im Bibelstudium auf solche Begriffe stoßen und es damit Anlass zur Diskussion gibt. Vor solchen Diskussionen ist es aber sicherlich von Vorteil, sich dessen bewusst zu sein, dass unser Denken in diesen Dingen auch entscheidend durch das griechische Denken und die griechische Philosophie geprägt ist. Beispielsweise hat Platon mit seinem Verständnis der unsterblichen Seele großen Einfluss auf das christliche Denken im Westen genommen. Kirchenväter und frühe Theologen haben viele Anschauungen, Begriffe und Methoden des hellenistischen Denkens aufgegriffen und zu einer gewissen Hellenisierung der christlichen Gedankenwelt beigetragen.

Man kann dennoch feststellen, dass die Mehrheit der Theologen darin Einigkeit findet, dass die Bibel den Menschen als ein Wesen mit zwei Hauptdimensionen offenbart. Es gibt eine immaterielle und eine materielle beziehungsweise leibliche Dimension. Wenn wir auf die Schöpfungsgeschichte schauen, waren diese Dimensionen ursprünglich nicht dazu bestimmt, voneinander getrennt zu werden. Doch durch die Sünde hält der Tod Einzug ins menschliche Leben und die perfekte Harmonie der beschriebenen Dimensionen wird auseinandergerissen (vgl. Röm 5,12).

Diverse Textpassagen geben ein Zeugnis davon, dass die immaterielle Dimension des Menschen nach dem Ereignis, welches wir Tod nennen, nicht aufhört zu existieren (vgl. 1 Mo 35,18; Lk 23,46; Apg 7,59; Phil 1,23-24).

Wenn aber die im Glauben an Gott gründende Hoffnung auf die Auferstehung der Toten einlösbar sein soll, dann muss die Identität einer Person nach dem Tod mit der Person vor dem Tod gewahrt sein. Dazu stellt sich die Frage, was die Identität einer Person ausmacht? Wesentlich gehört dazu, dass sie über eine bewusste Ich-Perspektive verfügt. Aber eine Person ist mehr als ihr Selbstbewusstsein. Sie hat auch einen materiell-biologischen Körper, durch den sie Welt erfahren, mit anderen kommunizieren und willentlich handeln kann. Menschliche Bewusstseinssubjekte sind in unserer Welt an materiellen Körper gebunden und auch von ihm abhängig.

Die Frage ist nun, ob es denkbar wäre, dass wenn sich die leibliche Dimension mit dem Tod schlafen legt, wir in Ewigkeit ohne diese Existenz weiter existieren. Kann eine Person ohne materiellen Körper und damit auch ohne ein funktionierendes Gehirn weiter als identische Person existieren? Quer durch Kulturen und Weltanschauungen gibt es Berichte von Reanimierten, die bereits klinisch Tod waren und dennoch ein klares Wissen über Vorgänge in der objektiven Welt hatten, die nachweislich zutrafen. Wissenschaftler tun sich schwer mit diesem Phänomen, denn es stellt die materialistische Ansicht in Frage, dass das Bewusstsein unlöslich an einen funktionierenden Körper und ein funktionierendes Gehirn gebunden ist.

Das endgültige Ziel des christlichen Glaubens sind nicht körperlose Seelen bzw. Bewusstseinsobjekte, die nach Tod im Himmel umhersurren, sondern es geht um eine leibliche Auferstehung. Gott begnügt sich nicht damit, uns als körperlose Seelen nach dem Tod in einen Himmel zu verfrachten. Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass Gott seine Schöpfung ursprünglich „sehr gut“ gemacht hat (vgl. 1 Mo 1,31). Da sie aber durch die Sünde verdorben wurde, will er nun „alles neu“ machen, weil der Zustand „sehr gut“ zerstört ist (vgl. Offb 21,5). Dabei sollten wir diesen Ansatz nicht verstehen als eine grundsätzliche Unzufriedenheit Gottes mit seiner ursprünglichen Schöpfung. Er will vielmehr den sehr guten Zustand wiederherstellen. Wichtiger Teil dieser neuen Schöpfung ist die perfekte Harmonie zwischen immaterieller Dimension und leiblicher Dimension in einer Art und Weise, dass die Identität der Person erhalten bleibt (vgl. 1 Kor 15,42-44).

Die Bibel lehrt, dass die Auferstehung eine radikale Verbesserung der leiblichen Dimension ist und sie betont auch eine gewisse Kontinuität zwischen dem irdischen Körper und dem Auferstehungsleib.

So wurde Christus in demselben Leib auferweckt, den er vor seinem Tod hatte. Das Grab war leer und sein Körper trug die Narben seiner Kreuzigung. Dabei ist die Auferstehung Christi das Muster, dem unsere Auferstehung folgen wird.

Wir dagegen haben unsere Heimat im Himmel. Von dort erwarten wir auch Jesus Christus, unseren Herrn und Retter. Dann wird er unseren hinfälligen, sterblichen Leib verwandeln und ihn dem herrlichen, unvergänglichen Leib gleich werden lassen, den er selbst nach seiner Auferstehung empfangen hat. Denn Christus hat die Macht, alles seiner Herrschaft zu unterwerfen.

Philipper 3,20-21

Die Kontinuität war im Auferstehungsleib Christi erkennbar und dennoch hatte er Fähigkeiten und Eigenschaften, die vorher nicht vorhanden waren. Sein verherrlichter Körper war nicht denselben Begrenzungen unterworfen wie sein Körper vor der Auferstehung. Zum Beispiel konnte er durch Wände gehen (vgl. Joh 20,26).

Wenn Gott die Auferstehung ohne Kontinuität gemeint hätte, warum würde Paulus im 1. Korinther 15,52 dann davon sprechen, dass die Toten auferweckt werden.

Das wird ganz plötzlich geschehen, von einem Augenblick zum anderen, wenn die Posaune das Ende ankündigt. Auf ihr Zeichen hin werden die Toten auferweckt und bekommen einen unvergänglichen Körper, und auch wir Lebenden werden verwandelt.

1. Korinther 15,52

Im 1. Korinther 15,35-37 wird die Kontinuität durch einen Vergleich aus der Landwirtschaft verdeutlicht. Die Auferstehung wird verglichen mit dem Wachstum einer Pflanze aus einem Samen. Die Pflanze ist auf jeden Fall besser als die Saat. Genauso ist unser Auferstehungsleib besser als der Leib, den wir jetzt haben. Und dennoch ist eine Kontinuität zwischen Samen und Pflanze vorhanden, denn sie sind derselbe Organismus. Es gibt einen deutlichen Unterschied und dennoch ist der Gedanke der Kontinuität erkennbar. Der jetzige Körper ist schwach, vergänglich und nicht verherrlicht. Im Zustand der Auferstehung werden sie stark, unvergänglich, herrlich und geistlich sein.

Gott hat das physisch-materielle Universum nicht willkürlich oder durch einen Fehler erschaffen. Er hatte die Absicht seine Herrlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Daher sind Themen wie Schöpfungsbewahrung oder der Umgang mit unserem Körper von Bedeutung. Die Schöpfung ist etwas Heiliges.

Der Blick auf die Auferstehung Jesu ist für uns ein Vorgeschmack auf die Auferstehung, die wir erwarten dürfen. Es führt uns das herrliche Bild vor Augen, wenn leibliche und immaterielle Dimension in Perfektion wieder zusammengeführt werden und Gott es als „sehr gut“ beschreibt.


Bloom, Jon. „God Made You for a Body“

Kessler, Hans. „Auferstehung heute“