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Bibelauslegung

Psalm 1,1

Der Psalm beginnt mit dem hebräischen Begriff ‚ašrê. Er steht im Plural: Glückseligkeiten. Direkt wird eine Steigerung verdeutlich, geradezu ein überschwänglicher Einstieg. Der Begriff beginnt zudem mit dem ersten Buchstaben des hebräischen Alphabets, dem Aleph. Als ob uns der Schreiber dieser Zeilen hineinnehmen möchte in die Gefühle des menschlichen Lebens, aber direkt zu Beginn deutlich machen will, trotz aller menschlicher Gefühle ist ein Leben voller Glückseligkeiten möglich. Psalm 2 endet mit einer vergleichbaren Seligpreisung. Viele Ausleger gehen davon aus, dass Psalm 1 und Psalm 2 ursprünglich zusammengehörten. In dem Fall deutet sich geradezu eine Rahmung der Glückseligkeiten an.

Jesus und die Apostel zitieren kein Buch im Alten Testament häufiger als die Psalmen. Es war das Gebets- und Gesangsbuch der damaligen Zeit. Martin Luther wies darauf hin, dass die Psalmen wie eine kleine Bibel sind. Zumindest scheint die Entstehungsgeschichte insofern ähnlich zu sein, dass die Psalmen über einen längeren Zeitpunkt entstanden sind und von unterschiedlichen Autoren zusammengetragen wurden, von denen wir nicht alle kennen. Eingangstür in die Psalmen ist nicht nur chronologisch der Psalm 1. Auffällig ist, dass der Psalm 1 keine Überschrift hat. Thomas von Aquin war daher der Ansicht, dass der Psalm 1 keine Überschrift hat, weil er eine Überschrift ist. Er ist die Überschrift über das Buch der Psalmen, welches uns Menschen in nahezu jede Gefühlslage hineinnimmt, die unser Leben mit sich bringen kann.

Wir alle kennen die Auswirkungen der unterschiedlichsten Gefühle. Wer einen eindrucksvollen Roman liest oder einen Film mit einer brillanten und mitreißenden Geschichte schaut, der wird hineingenommen in eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Komprimiert auf einige hundert Seiten oder Spielfilmlänge. Doch das Leben des Menschen in seiner gesamten Zeitspanne, ob kurz oder lang, enthält ebenfalls diese Kurven der Gefühle, mit denen wir uns täglich auseinandersetzen, wenn wieder einmal die Gefühls- und Gedankenmaschinerie auf Hochtouren läuft. Ich selbst bin leidenschaftlicher Sportfan. Drei Sportarten interessieren mich in besonderer Weise: Fußball, American Football und die Formel 1. Meine Favoriten im jeweiligen Sport: Werder Bremen, Seattle Seahawks und Lewis Hamilton. Manchmal gibt es Sonntage, an denen alle drei Favoriten im Einsatz sind. Idealerweise hintereinander, sodass man von einem Ereignis zum nächsten übergehen kann. Nur selten bin ich mit allen drei Ergebnissen zufrieden. Regelmäßig sind diese Sonntage ein Wechselbad der Gefühle, weil es in der einen Sportart aus meiner Sicht gut läuft und in der nächsten setzt schon wieder Verzweiflung ein.

Unser Leben steckt voller Emotionen. Den Umgang mit unseren Gefühlen kann uns Psalm 1 lehren.

Glücklich ist, wer nicht dem Rat gottloser Menschen folgt, wer nicht mit Sündern auf einer Seite steht, wer nicht mit solchen Leuten zusammensitzt, die über alles Heilige herziehen, sondern wer Freude hat am Gesetz des HERRN und darüber nachdenkt – Tag und Nacht. Er ist wie ein Baum, der nah am Wasser gepflanzt ist, der Frucht trägt Jahr für Jahr und dessen Blätter nie verwelken. Was er sich vornimmt, das gelingt. Ganz anders ergeht es allen, denen Gott gleichgültig ist: Sie sind wie Spreu, die der Wind verweht. Vor Gottes Gericht können sie nicht bestehen. Weil sie seine Gebote missachtet haben, sind sie aus seiner Gemeinde ausgeschlossen. Der HERR wacht über den Weg aller Menschen, die nach seinem Wort leben. Doch wer sich ihm trotzig verschließt, der läuft in sein Verderben.

Psalm 1

Glückseligkeit

Der Psalm beginnt mit dem hebräischen Begriff ‚ašrê. Er steht im Plural: Glückseligkeiten. Direkt wird eine Steigerung verdeutlich, geradezu ein überschwänglicher Einstieg. Der Begriff beginnt zudem mit dem ersten Buchstaben des hebräischen Alphabets, dem Aleph. Als ob uns der Schreiber dieser Zeilen hineinnehmen möchte in die Gefühle des menschlichen Lebens, aber direkt zu Beginn deutlich machen will, trotz aller menschlicher Gefühle ist ein Leben voller Glückseligkeiten möglich. Psalm 2 endet mit einer vergleichbaren Seligpreisung. Viele Ausleger gehen davon aus, dass Psalm 1 und Psalm 2 ursprünglich zusammengehörten. In dem Fall deutet sich geradezu eine Rahmung der Glückseligkeiten an.

Bekannt ist die Geschichte von Horatio Spafford, der als erfolgreicher Rechtsanwalt in Chicago tätig war und ein hingegebener Christ war. Er hatte vier Töchter. Im Herbst 1873 entschied Spafford, mit seiner gesamten Familie nach England zu reisen. Er wurde aber von einer dringenden Geschäftsangelegenheit zurückgehalten. Seine Familie reiste wie geplant an Bord des französischen Dampfers „Ville du Havre“ ab. Auf dem Atlantischen Ozean wurde das Passagierschiff durch ein englisches Containerschiff gerammt. Spaffords vier Töchter wurden über Bord gespült. 226 Passagiere ertranken. Seine Frau Anna war eine von den wenigen, die überlebten. Ihrem Mann sandte sie nach der Rettung ein Telegramm mit der Nachricht: Alleine gerettet. Sofort machte sich Spafford auf den Weg zu ihr. Bertha Spafford-Vester, die Tochter die Horatio Spafford später noch bekam, schrieb über seine Überfahrt: „…Vater war überzeugt, dass Gott gut ist und dass er seine Kinder im Himmel wiedersehen würde. Dieser Gedanke beruhigte sein Herz … Auf der Reise über den Atlantik bat der Kapitän, Herr Goodwin, meinen Vater in seine private Kabine: „Eine vorsichtige Berechnung ist vorgenommen worden“, erklärte er ihm, „und ich glaube, dass wir uns jetzt in dem Bereich befinden, in dem die ,Ville du Havre‘ unterging.“ Vater schrieb an Tante Rachel: „Am Donnerstag befanden wir uns über der Stelle, wo das Schiff im mittleren Ozean unterging; das Wasser ist drei Meilen tief. Aber ich denke nicht an unsere Lieben dort. Sie sind sicher und geborgen in den Armen des guten Hirten und – nicht mehr lang – dann werden auch wir dort sein. In der Zwischenzeit danken wir Gott und haben noch Gelegenheit, ihm zu dienen und ihn zu preisen wegen seiner Liebe und Gnade zu uns.‘“ Nach dieser Unterredung mit Kapitän Goodwin hat Spafford nachts in seiner Kabine die Worte des Liedes niedergeschrieben, das Millionen Menschen zum Segen wurde: 

Wenn Friede mit Gott meine Seele durchdringt, 
Ob Stürme auch drohen von fern,
Mein Herze im Glauben doch allezeit singt:
Mir ist wohl, mir ist wohl in dem Herrn!
Mir ist wohl in dem Herrn!
Mir ist wohl, mir ist wohl in dem Herrn!
Wenn Satan mir nachstellt und Bange mir macht,
So leuchtet dies Wort mir als Stern:
Mein Jesus hat alles für mich schon vollbracht;
Ich bin rein durch das Blut meines Herrn!

Die Last meiner Sünde trug Jesus, das Lamm,
Und warf sie weit weg in die Fern.
Er starb ja für mich auch am blutigen Stamm:
Meine Seele lobpreise den Herrn!
Nun leb ich in Christus für Christus allein,
Sein Wort ist mein leitender Stern.
In Ihm hab ich Fried und Erlösung von Pein,
Meine Seele ist selig im Herrn. 

Wenn Friede mit Gott – Horatio G. Spafford (1828-1888)

Er hatte eine Glückseligkeit, die kaum zu erklären ist. Wie ist das möglich? Welcher Mensch erlebt diese Glückseligkeiten? Was sagt Psalm 1?

Der falsche Weg

Glück beginnt mit einem klaren Nein. Der erste und entscheidende Schritt zum Glück ist eine unmissverständliche Absage. Wer sich nicht zu verweigern weiß, wird nie glücklich werden. Es braucht eine Weigerung mich von den Umständen des Lebens dominieren zu lassen. Sie haben ohne Frage wesentlichen Einfluss, aber sie sollen nicht beherrschen. 

Man könnte es verdeutlichen mit der Formel: U x R² = L (Umstände, Reaktion, Leben). Wir denken, dass wir Opfer unserer Umstände sind. Relevant für unser Leben ist aber vor allem unsere Reaktion auf die Umstände. So ergeben sich sehr unterschiedliche Lebensergebnisse. Sind die Umstände bei einer 8 und damit wunderbar, dann kommt bei einer Reaktion von 2 dennoch nur ein Lebensergebnis von 32 heraus. Sind meine Umstände bei einer 2 und damit nicht besonders berauschend, kann meine Reaktion von einer 8 dennoch ein Ergebnis von 128 ermöglichen. Die Reaktion auf unsere Umstände verändert das Leben. Wir können Einfluss auf unsere Gedanken nehmen und uns verändern lassen.

Passt euch nicht den Maßstäben dieser Welt an, sondern lasst euch von Gott verändern, damit euer ganzes Denken neu ausgerichtet wird. Nur dann könnt ihr beurteilen, was Gottes Wille ist, was gut und vollkommen ist und was ihm gefällt.

Römer 12,2

Zu welchen Dingen sagt der Mann in Psalm 1 konkret Nein? Es wird verstärkt durch einen das hebräische Stilmittel des Parallelismus. Der erste Schritt dieses Mannes ist, dass er sich dem Einfluss durch Ratschläge von Menschen entzieht, die ein Lebenskonzept gewählt haben, das nicht auf Gottes Willen ausgerichtet ist. Im zweiten Schritt entscheidet er sich, auch nicht im Kreis solcher Menschen zu verweilen und bei ihren Handlungen zuzusehen. Im dritten Schritt entscheidet er sich gegen ein Leben voller Spott über die Menschen, die Gottes Wege gehen. Wir erkennen insgesamt eine Distanzierung von einem Lebensmodell, das sich gegen den erklärten Willen Gottes richtet. 

Martin Luther sagte einmal: „Du kannst nicht verhindern, dass ein Vogelschwarm über deinen Kopf hinwegfliegt. Aber du kannst verhindern, dass er in deinen Haaren nistet.“ 

Wir können der Begegnung mit Gottlosigkeit nie ganz aus dem Weg gehen. Das wäre auch eine Form der Weltflucht, zu der die Bibel nicht ermutigt. Aber wir können verhindern, dass diese Begegnungen dauerhaften Einfluss auf unser Leben ausüben und ein Nest in unseren Haaren bauen. Das scheint der erste Schritt zu den Glückseligkeiten in Psalm 1,1 zu sein.