Kategorien
Bibelauslegung

Psalm 1,2

„Das Gesetz hat für mich keine Bedeutung mehr, denn durch Jesus bin ich frei von den lästigen Geboten.“ Solche pauschalen Aussagen sind mindestens gefährlich, denn sie führen uns in die Gefahr, dass wir der Botschaft vom Kreuz die Bedeutung rauben. Denn das Evangelium will nicht zu der Erkenntnis leiten, dass die Sünde plötzlich keine Sünde mehr ist und alles relativ wird. Das ist nicht das Erbe der Reformation, sondern eher das Erbe der Aufklärung mit der Loslösung von der Autorität Gottes.

Gespräche geben viel Spielraum für Missverständnisse. Besonders dann, wenn der Gegenüber beispielsweise eine schwer zu verstehende Aussprache hat oder die Gesprächspartner nicht gleichermaßen gut die Sprache beherrschen, in der sie sich zu unterhalten versuchen. In solchen Situationen neige ich manchmal dazu, einen folgenschweren Fehler zu machen. Wenn ich eine Frage gestellt bekomme, die ich auch beim zweiten Mal einfach nicht verstanden habe, gehe ich dazu über, die Frage beim nächsten Versuch einfach mit „Ja“ zu beantworten. Das Ergebnis kann dann im günstigsten Fall mit meinem tatsächlichen Wunsch übereinstimmen. Häufiger aber ist das Resultat der Kommunikation weniger zufriedenstellend. Wenn wir etwas falsch verstehen, steigt logischerweise das Risiko eines Missverständnisses.

Gleicherweise stehen wir in der Gefahr, wesentliche Aspekte aus dem Wort Gottes falsch zu verstehen, sodass wir aufgrund eines Missverständnisses unser Glaubenshaus schief aufbauen, sodass wir früher oder später zu statischen Problemen kommen und durch aufwendige Rekonstruktionen den Fehler ausmachen müssen. Psalm 1,2 kann uns dabei helfen, ein solches schwerwiegendes inhaltliches Missverständnis aufzudecken. 

Glücklich ist, wer nicht dem Rat gottloser Menschen folgt, wer nicht mit Sündern auf einer Seite steht, wer nicht mit solchen Leuten zusammensitzt, die über alles Heilige herziehen, sondern wer Freude hat am Gesetz des HERRN und darüber nachdenkt – Tag und Nacht.

Psalm 1,1-2

Freude am Gesetz klingt für viele von uns befremdlich, denn das Gesetz hat in einigen christlichen Gemeinschaften mittlerweile einen miesen Ruf. Man könnte sagen, dass es eine Imagekampagne benötigt. Zwei Missverständnisse im Umgang mit dem Gesetz sind besonders stark vertreten.

Das erste Missverständnis könnte man so zusammenfassen: „Früher musste man durch das Gesetz gerettet werden, jetzt werden wir durch den Glauben gerettet.“ Wenn wir aber in die ersten Bücher der Bibel hineinschauen, dann erkennen wir, dass die Gesetzgebung chronologisch der Erlösung des Volkes Israel nachfolgt. Das Alte Testament ist kein Buch der Werkgerechtigkeit. Gott ist auch im Alten Testament ein gnädiger Gott. Er ermöglicht die Befreiung aus der Gefangenschaft und formuliert anschließend einen Anspruch an sein Volk, so erkennen wir es beispielsweise im 5. Mose.

»Ich bin der HERR, dein Gott; ich habe dich aus der Sklaverei in Ägypten befreit. Du sollst außer mir keine anderen Götter verehren!

5 Mose 5,6-7

Der große Reformator Martin Luther rang lange Zeit mit der Frage: Wie bekomme ich einen gnädigen Gott? Seine Erkenntnis des Evangeliums, welche für Luther der Durchbruch zur Freiheit und Gnade wurde, grenzte ihn aber vom Katholizismus des 16. Jahrhunderts ab und nicht vom Gott des Alten Testamentes. Man könnte also zusammenfassend sagen, dass das Gesetz nicht als Heilsmittel gedacht ist, sondern als eine Lebensordnung für die aus Gnade Geretteten. Das Neue am Evangelium ist nicht die Gnade Gottes, sondern das Gott aus Gnade Mensch wird und unsere Strafe für die Sünde auf sich nimmt. Neu ist also, wo die Gnade zu finden ist und wie sie in unserem Leben wirksam wird.

Das zweite Missverständnis lässt sich so zusammenfassen: „Das Gesetz hat für mich keine Bedeutung mehr, denn durch Jesus bin ich frei von den lästigen Geboten.“ Solche pauschalen Aussagen sind mindestens gefährlich, denn sie führen uns in die Gefahr, dass wir der Botschaft vom Kreuz die Bedeutung rauben. Denn das Evangelium will nicht zu der Erkenntnis leiten, dass die Sünde plötzlich keine Sünde mehr ist und alles relativ wird. Das ist nicht das Erbe der Reformation, sondern eher das Erbe der Aufklärung mit der Loslösung von der Autorität Gottes.

Das Evangelium ist nicht die Freiheit vom Gesetz in dem Sinne, dass wir nicht mehr das tun brauchen, was dem Willen Gottes entspricht. Die Botschaft ist vielmehr: Wir sind frei vom Urteil des Gesetzes. Wir waren durch das Gesetz verdammt, aber Jesus kommt und rettet uns.

Von diesem Fluch des Gesetzes hat uns Christus erlöst. Als er am Kreuz starb, hat er diesen Fluch auf sich genommen.

Galater 3,13

Wir sind also frei vom Urteil des Gesetzes, aber nicht frei davon, den Willen Gottes zu tun.

Denn wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist für mich Bruder, Schwester und Mutter!«

Matthäus 12,50

Die Welt aber mit ihrer Unersättlichkeit wird vergehen. Nur wer tut, was Gott will, wird ewig leben.

1 Johannes 2,17

Hätte Gott uns nur lieb gehabt, dann hätte niemand ans Kreuz gehen müssen. Einfach Schwamm drüber und die Angelegenheit hat sich erledigt. Aber weil der Wille Gottes und die Gerechtigkeit so wichtig ist, deswegen musste Jesus ans Kreuz gehen. 

Das Gesetz Gottes sollte seinem Volk immer eine Lust und keine Last sein. Es ist eine Lebensordnung, die uns dient und eine Freude durch erlebte Gnade in unserem Leben auslöst.

Haltet euch an diese Gebote und befolgt sie; dann werden die anderen Völker sehen, wie weise und klug ihr seid. Wenn sie von euren Gesetzen hören, werden sie sagen: »Dieses große Volk besitzt Weisheit und Verstand!« Denn kein anderes Volk, ganz gleich wie groß, hat Götter, die ihm so nahe sind wie uns der HERR! Wann immer wir zu unserem Gott rufen, hört er uns. Wo ist ein Volk, groß wie wir, das so gerechte Gebote und Weisungen hat, wie ich sie euch heute gebe?

5 Mose 4,6-8

Genauso soll euer Licht vor allen Menschen leuchten. Dann werden sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Matthäus 5,16

Gib mir Einsicht, damit ich dein Gesetz befolgen kann und mich von ganzem Herzen danach richte! Hilf mir, deine Gebote zu erfüllen, denn das bereitet mir große Freude.

Psalm 119,34-35