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Bibelauslegung Nachfolge

Josef und seine Brüder

Die Geschichte Josefs ist aber vor allem eine Geschichte, die eine tiefe Wahrheit vermittelt: Gott hindern nicht einmal deine schlimmsten Sünden, um dich zu retten. Die grausame Sünde der Brüder wurde Gottes Weg, um die Brüder selbst zu retten.

Wir finden mehr Details über das Leben von Josef als über jedes andere Individuum im 1 Mose. Nahezu 30% des Buches drehen sich um seine Geschichte. Ein Mehr in Gottes Wortökonomie ist nicht zwingend gleichzusetzen mit mehr Bedeutung. Dennoch können wir die Frage stellen, was Gott uns mit dieser ausgedehnten Berichterstattung in besonderer Weise zeigen möchte.

Als die Geschichte beginnt in 1 Mose 37, ist Josef 17 Jahre alt. Sein Vater Jakob bevorzugt ihn, was zu einem tiefen Hass seiner Brüder führt und ihren Beschluss ihn zu töten. Josefs Bruder Ruben kann das Vorhaben in letzter Sekunde abwenden und statt des Mordes verkaufen sie ihn als Sklaven nach Ägypten. Dort wird er von einem hohen Beamten mit dem Namen Potiphar gekauft und Gott schenkt Josef Erfolg. Am Höhepunkt seines Erfolges im Haus seines Herrn beschuldigt Potiphars Frau den jungen Josef zu Unrecht der Vergewaltigung. Aber niemand glaubt ihm und er landet im Gefängnis. Auch dort gibt Gott ihm Gunst beim Gefängniswärter und überträgt Josef viel Verantwortung. Im Gefängnis deutet Josef erfolgreich Träume. Er sagt dem mitgefangenen Mundschenk voraus, dass dieser wieder in sein Amt eingesetzt wird. Tatsächlich geschieht es wie vorhergesagt und doch vergisst der Mundschenk Josef für ganze zwei Jahre. 

Es sind jetzt 13 Jahre vergangen, seitdem er als Sklave nach Ägypten kam. Dann hat der Pharao einen Traum und der Mundschenk erinnert sich an Josefs Fähigkeiten. Der Pharao holt Josef aus dem Gefängnis und erzählt ihm seinen Traum. Josef erklärt dem Pharao, dass dessen Traum besagt, dass es sieben Jahre gute Ernte und anschließend sieben Jahre Hungersnot geben wird. Der Pharao setzt Josef in eine hohe Position ein und beauftragt ihn damit, das Land auf die Hungersnot vorzubereiten, indem er Getreidereserven in den sieben Jahren der guten Ernte sammelt. 

Als die Hungersnot kommt, hören auch die Brüder von Josef, dass es in Ägypten Getreide gibt und reisen dorthin, um Getreide zu kaufen. Als sie vor Josef stehen, erkennen sie ihn nicht. Schließlich gibt Josef sich zu erkennen. Er ist jetzt 39 Jahre alt. 22 Jahre waren vergangen. Er vergibt seinen Brüdern und lädt seine Familie ein, in Ägypten zu leben und rettet auf diese Weise ihr Leben. 

Josefs Geschichte zeigt, wie Gott ein Menschenleben nach seinen Vorstellungen führt. 

Gott führt durch Leid

Warum hat Gott nicht verhindert, dass Josef verkauft wurde, Potiphars Frau ihn verleumdet und der Mundschenk ihn vergisst? Es scheint Gottes Art zu sein, durch Leid zu führen. Der doppelte Sinn ist gewollt: Er führt durch Leid im Sinne von „mit Hilfe von etwas“ und im Sinne von „durch etwas hindurch“. Beides sehen wir bei Josef. Er lenkt ihn mit Hilfe von Leid und er lenkt ihn durch das Leid hindurch zum Auftrag. Es erinnert an den Begriff einer Pilgerreise.

22 Jahren nachdem er Sklave wurde und jetzt seine Familie rettet, kann Josef erkennen, was es mit dem Verlust, der Verleumdung, dem Leid, der Einsamkeit und der Ungerechtigkeit auf sich hatte  Es ist eine lange Zeit, in der Gott Josef zwar wissen lässt, was er tut, ihn aber im Unklaren darüber lässt, wie er es tun wird. 

Und er sagte zu ihnen: Hört doch diesen Traum, den ich gehabt habe: Siehe, wir banden Garben mitten auf dem Feld, und siehe, meine Garbe richtete sich auf und blieb auch aufrecht stehen; und siehe, eure Garben stellten sich ringsum auf und beugten sich vor meiner Garbe nieder. Da sagten seine Brüder zu ihm: Willst du etwa König über uns werden, willst du gar über uns herrschen? Und sie hassten ihn noch mehr wegen seiner Träume und wegen seiner Reden. Und er hatte noch einen anderen Traum, auch den erzählte er seinen Brüdern und sagte: Siehe, noch einen Traum hatte ich, und siehe, die Sonne und der Mond und elf Sterne beugten sich vor mir nieder. 

1 Mose 37,6-9

Der Traum des jungen Josef schildert war, was geschehen wird, aber nicht wie es geschehen wird. Ich habe den Eindruck, dass Josef auf seiner Pilgerreise auf das „was“ vertraute aber das „wie“ nicht kannte. Wir alle sind auf einer Pilgerreise, die auch Turbulenzen mit sich bringt. Manches davon kann und will ich nicht erklären. Aber Gott lädt uns ein, auf dieser Pilgerreise geduldig und treu zu bleiben und der Hauptgrund dafür, in den Turbulenzen geduldig zu bleiben liegt wohl darin, dass es Gott verherrlicht. Und als Christ besteht die größte Pflicht darin, genau das zu tun. 

Josefs Leben zeigt, dass die Interpretation der Stationen unserer Pilgerreise einen zentralen Unterschied macht. Seine Möglichkeiten der Interpretation waren: „Gott hat mich verlassen“ oder aber „Gott führt mich, ich weiß nur noch nicht genau wie“. Er wähle die zweite Option.

Gott führt durch Leid in Souveränität

Viele wollen nicht glauben, dass Gott Handlungen sündiger Menschen lenkt. Es ist schwer zu fassen, dass der Verkauf Josefs eine göttliche Entsendung zur Rettung derer war, die ihn verkauften. Aber wenn wir Gottes Souveränität über die Sünde von Menschen ablehnen, lehnen wir auch das Erlösungswerk in Jesus ab.

Denn in dieser Stadt versammelten sich in Wahrheit gegen deinen heiligen Knecht Jesus, den du gesalbt hast, sowohl Herodes als ⟨auch⟩ Pontius Pilatus mit den Nationen und den Völkern Israels, alles zu tun, was deine Hand und dein Ratschluss vorherbestimmt hat, dass es geschehen sollte. 

Apostelgeschichte 4,27-28

Der Spott des Herodes, das Einknicken des Pilatus und die Dornenkrone. Alles entsprach dem Ratschluss Gottes. So war es auch bei Josef.

Josef aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Bin ich etwa an Gottes Stelle? Ihr zwar, ihr hattet Böses gegen mich beabsichtigt; Gott ⟨aber⟩ hatte beabsichtigt, es zum Guten ⟨zu wenden⟩, um zu tun, wie es an diesem Tag ist, ein großes Volk am Leben zu erhalten.

1 Mose 50,19-20

Es heißt hier nicht: „Ihr wolltet mir Böses antun, aber Gott hat es zum Guten gewendet“ sondern: „Ihr wolltet mir Böses antun, aber Gott hat es zum Guten gewollt“. In beiden Fällen finden wir das gleiche Wort. Gott hat es beabsichtigt, Gott hat es geplant. Gott ist nicht überrascht von diesen Sünden und kratzt sich dann am Kopf, wie er sie doch noch zum Guten „nutzen“ kann. Er plant das Geschehen, sagt es in einem Traum voraus und dann beaufsichtigt er das ganze Geschehen 22 Jahre lang und bringt es mit der Rettung seines Volkes zum Ende. So deutet die Bibel es selbst.

Er rief eine Hungersnot über das Land herbei; jeden Brotstab zerbrach er. Er sandte einen Mann vor ihnen her: Josef wurde als Knecht verkauft. Sie zwängten seine Füße in Fesseln, ⟨in⟩ Eisen kam sein Hals, bis zu der Zeit, da sein Wort eintraf, das Wort des HERRN ihn bestätigte.

Psalm 105,16-19

Und nun seid nicht bekümmert, und werdet nicht zornig ⟨auf euch selbst⟩, dass ihr mich hierher verkauft habt! Denn zur Erhaltung des Lebens hat Gott mich vor euch hergesandt.

1 Mose 45,5

Josef wurde von Gott nach Ägypten geschickt, um genau diejenigen zu retten, die ihn töten wollten. Die Botschaft des Lebens von Josef, des Todes Jesu und der ganzen Bibel ist, dass Gott vollkommen souverän die Pilgerreise seines Volkes orchestriert. Gott kennt keinen Kontrollverlust.

Gott führt durch Leid in Souveränität zur Rettung

Als die Brüder Josef verkauften, dachten sie, die Sache sei erledigt, aber sie waren sich der unsichtbaren Hand Gottes völlig unbewusst. Gerade im Bemühen, den Träumer zu vernichten, erfüllten sie Josefs Träume. Gott macht die Sünden der Brüder von Josef zum Mittel für ihre Rettung.

Um den Gedanken zu verstehen, gehen wir noch einmal ganz kurz einen ganz großen Schritt zurück. Gott hatte Abraham erwählt und schließt dann einen formellen Bund mit erstaunlichen Worten.

Und er sprach zu Abram: Ganz gewiss sollst du wissen, dass deine Nachkommenschaft Fremdling sein wird in einem Land, das ihnen nicht gehört; und sie werden ihnen dienen, und man wird sie unterdrücken vierhundert Jahre lang.

1 Mose 15,13

Gleich zu Beginn dieses Bundes sagt er 400 Jahre Aufenthalt in Ägypten voraus. Der Tag als Josef durch die Sünde der Brüder nach Ägypten kommt war Tag, an dem die Erfüllung der Prophezeiung begann. 

Springen wir wieder nach vorne. Nachdem Josefs Vater Jakob nach Ägypten kam und nun im Sterben liegt, segnet er seine Söhne. Unter anderem auch seinen Sohn Juda, der mit dabei war, als Josef verkauft wurde. 

Juda ist ein junger Löwe; vom Raub, mein Sohn, bist du hochgekommen. Er kauert, er lagert sich wie ein Löwe und wie eine Löwin. Wer will ihn aufreizen? Nicht weicht das Zepter von Juda noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen weg, bis dass der Schilo kommt, dem gehört der Gehorsam der Völker.

1 Mose 49,9-10

Vers 10 sagt, dass der Herrscherstab in der Linie Juda bleibt, bis einer kommt, der kein gewöhnlicher König ist, denn ihm werden alle Völker gehorchen. Jesus war Israelit. Aus welchem der 12 Stämme stammt er?

Lesen wir die Beschreibung des Apostel Johannes über die Kreuzigung und Auferstehung in der Offenbarung.

Und einer von den Ältesten spricht zu mir: Weine nicht! Siehe, es hat überwunden der Löwe aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, um das Buch und seine sieben Siegel zu öffnen.

Offenbarung 5,5

Und sie singen ein neues Lied und sagen: Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du bist geschlachtet worden und hast durch dein Blut ⟨Menschen⟩ für Gott erkauft aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation und hast sie unserem Gott zu einem Königtum und zu Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen!

Offenbarung 5,9-10

Der Löwe von Juda ist das Lamm, das geschlachtet wurde. Jesus kommt aus dem Stamm Juda. Die Sünde der Brüder war Gottes Art, den Stamm Juda vor dem Aussterben zu bewahren, damit der Löwe von Juda, Jesus Christus, geboren werden, sterben und auferstehen konnte. Die Geschichte Josefs ist die Geschichte eines Gerechten, der leidet, damit der Stamm Juda erhalten bleibt und ein Löwe hervorkommt, der durch seinen Tod am Kreuz alle Nationen rettet. 

Die Geschichte Josefs ist aber vor allem eine Geschichte, die eine tiefe Wahrheit vermittelt: Gott hindern nicht einmal deine schlimmsten Sünden, um dich zu retten. Die grausame Sünde der Brüder wurde Gottes Weg, um die Brüder selbst zu retten.

Der Löwe von Juda, das Lamm Gottes führt dich souverän zur Erlösung.