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Buch und Literatur

Wem gehört deine Zeit?

Auch ich selbst liebe Routinen (…) Welche Motive stehen hinter der Liebe zum Planen und Routinen befolgen? Ist es nicht auch etwas vermessen, sich so zu verhalten, als sei man Herr über 24 Stunden?

Insbesondere in den Zeiten einer globalen Pandemie wird von vielen Personen unterschiedlichster Berufsgruppen das Einhalten von Routinen als Anker im veränderten Alltag, psychisch stabilisierend oder auch einfach als befriedigend bewertet. 

Tatsächlich ist dies keine neue Erkenntnis, da viele erfolgreiche Persönlichkeiten wie Bill Gates oder Elon Musk ihren beruflichen Erfolg einem streng routinierten Alltag verdanken, beispielsweise durch das Durchplanen von kleinen Zeitintervallen oder dadurch, den Morgen immer auf gleiche Weise zu beginnen. 

Auch ich selbst liebe Routinen und To – Do-Listen. Diese messbare Form von Produktivität hat mental mindestens so viel positive Auswirkung auf die Gemütslage wie das Wetter oder der leckere Geschmack von einem Gericht. Das Verstreichen von Zeitspannen hingegen, die eigentlich zur freien Verfügung stünden, wie stundenlang beim Arzt im Wartezimmer, empfinde ich als eher negativ. 

Aber warum ist das der Fall? Welche Motive stehen hinter der Liebe zum Planen und Routinen befolgen? Ist es nicht auch etwas vermessen, sich so zu verhalten, als sei man Herr über 24 Stunden? 

Hierzu schreibt C.S. Lewis in seinem Buch „Dienstanweisung für einen Unterteufel“ in der Figur des Onkel Screwtape, dem höllischen Unterstaatssekretär, an seinen auszubildenden Neffen Wormwood als Anweisung zur menschlichen Verwirrung folgendes: 

„(Der Mensch) betrachtet die Zeit als sein Eigentum und hat das Gefühl, dass sie ihm gestohlen wird. Der Gedanke: Meine Zeit gehört mir, muss erhalten werden. Gib ihm das Gefühl, jeden Tag als rechtmäßiger Besitzer von 24 Stunden zu beginnen. Lass ihn den Teil seines Eigentums, den er seinem Arbeitgeber überlassen muss, als bedrückende Steuerlast empfinden und jenen weiteren Teil, den er seinen religiösen Pflichten widmet als eine großzügige Spende. Doch niemals darfst du zulassen, dass er daran zweifelt, dass der Gesamtbetrag, von dem diese Summen abgezogen wurden, in irgendeinem mysteriösen Sinn sein ureigenes Geburtsrecht war.(…) Die Annahme ist absurd, der Mensch kann keinen Augenblick der Zeit erschaffen oder festhalten, sie wird ihm samt und sonders als Geschenk zuteil.“ 

C.S. Lewis – Dienstanweisung für einen Unterteufel

Wenn man länger darüber nachdenkt, kommt man zu dem Schluss, dass dieser Zustand der geschenkten Zeit jeden Tag der Fall ist. Wie paradox, dass sich trotzdem immer wieder diese verdrehte Mentalität in die Gedanken schleicht, man sei Herr über die eigene Zeit. 

Jede Lebenszeit ist eine Gabe des Erschaffers. Die menschliche, vermessene Haltung, die Zeit anhand der Aktivität und Produktivität zu bewerten, kann nicht zielführend sein. Das Streben nach Selbstverherrlichung und mehr Leistungsfähigkeit fördern die Quantität und Qualität von Produktivität. Diese wiederum stellt die Person und ihre Leistungen in den Mittelpunkt, sodass eine zusehends egozentrische Auffassung von Zeit und eine selbstversklavende Vorstellung von Effektivität Raum gewinnt.  Aber wie ist dieses Denkmuster aus der Perspektive der Ewigkeit zu betrachten? Wäre es aus dieser Perspektive nicht logisch gefolgert, jeden Tag die gegebene Zeit in einer demütigen und freudigen Haltung in der Gegenwart und Betrachtung des Schenkers anzunehmen?  

Vor diesem Hintergrund will ich die mir geschenkte Zeit betrachten, wenn sich die Tage vor den inneren Augen formen. Viel mehr will ich jede Art der Tätigkeit, meine Arbeitskraft und resultierende Produktivität für das Reich Gottes investieren, um Dank auszudrücken und dem Ehre zu erweisen, der sie mir gegeben hat. Wenn dabei Methoden wie Routinen helfen, immer zuerst in seinem Wort zu forschen und Menschen bewusst mit Liebe zu begegnen, um diesem Auftrag treu zu bleiben, dann haben sie das richtige Motiv und werden dem Zweck gerecht. 

Jeder, der an einem Wettkampf teilnehmen will, unterwirft sich einer strengen Disziplin. Die Athleten tun es für einen Siegeskranz, der bald wieder verwelkt. Unser Siegeskranz hingegen ist unvergänglich. 

1. Kor. 9, 25  

(Buchempfehlung: C.S. Lewis – Dienstanweisung für einen Unterteufel)