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Kirchengeschichte

Luther beim Studieren

Das Studieren ist für Luther das Tor zum Evangelium, zur Reformation und zu Gott gewesen. Was kennzeichnete Luthers Studierverhalten, das solche Entdeckungen hervorbrachte, die dann Geschichte schrieben?

Das Studieren ist für Luther das Tor zum Evangelium, zur Reformation und zu Gott gewesen. Heute können wir uns kaum vorstellen, was es Luther gekostet hat, zur Wahrheit durchzudringen und den Zugang zum Wort Gottes aufrechtzuerhalten. Vom Studieren hing sein Leben und das der Kirche ab. Dieser von ihm gewonnene Boden der Reformation ging aus der Leidenschaft zum Forschen hervor. Was kennzeichnete Luthers Studierverhalten, das solche Entdeckungen hervorbrachte, die dann Geschichte schrieben? 

1. Luther stellte den biblischen Text weit über die Lehren der Kommentatoren und der Kirchenväter 

Dies begründete er damit, dass die Schriften über die Lehre zur Hinführung zum Bibeltexts dienen sollten, statt davon wegzuführen. Dies ähnelt einem, der den Wegweiser studiert, aber nie den Pfad betritt. 

2. Die radikale Konzentration auf den Text der Schrift selbst, bei der Sekundärliteratur sekundär bleibt, führte Luther zu einem ernsten Ringen mit jedem einzelnen Wort der biblischen Schreiber 

Wie Jakob mit dem Engel des Herrn rang, wollte Luther im Wort ergebnisorientiert studieren und erfassen, was der Text für ihn persönlich und für die Gemeinde zu sagen hatte. Auf diesem Wege erlangte er die Bedeutung der Gerechtigkeit Gottes bezüglich der Rechtfertigung und überwand Traditionen und Philosophie. 

3. Die Kraft und Kostbarkeit, die Bibelsprachen (Hebräisch und Griechisch) lesen zu können, sah Luther als großes Vorrecht und Verantwortlichkeit  

„Wo man die Sprachen nicht schätzt und studiert, verschwindet biblisches Denken und das Wachen über die Wahrheit, da die Werkzeuge zum Nachdenken fehlen.“  

4. Der außerordentliche Fleiß trotz übergroßer Widerstände 

Luther schrieb haufenweise theologische Abhandlungen, übersetzte die gesamte Bibel ins Deutsche, predigte regelmäßig in der eigenen Kirche und hielt Konferenzen und Kolloquien. Beständiges Lesen, Lehren, Studieren und Überdenken sah er dafür als unabkömmlich an. 

5. Leiden, Versuchungen und Anfechtungen sind Prüfsteine  

Ps. 119, 67 + 71 zeigten Luther, dass der Psalmist nicht nur über das Wort betete und nachdachte, um es zu verstehen. Sondern er litt auch, um es zu begreifen: 

„Bevor ich gedemütigt wurde, irrte ich. Jetzt aber halte ich dein Wort… Es war gut für mich, dass ich gedemütigt wurde, damit ich deine Ordnungen lernte.“ 

Psalm 119, 67 + 71

Luther stellte aufgrund dieses Psalms drei Regeln des Studierens auf: Oratio, meditatio, tentatio (Gebet, Nachsinnen, Anfechtung). In seiner Lebenszeit erfuhr er diese Trübsale in Form der Vogelfreiheit, beständiger Verleumdung, körperlicher Schmerzen durch unter anderem Nierensteine und Hämorrhoiden. „Der Triumph über diese Anfechtungen ist Gottes Gnade allein.“ 

6. Gebet und ehrfurchtsvolle Abhängigkeit von der Allgenugsamkeit Gottes 

Mit dem Gebet zu beginnen, sah Luther als eine Pflicht. „Mehr in Furcht und Demut wird das Wort Gottes studiert als durch die Schärfe des Verstandes. All das Studieren ist fruchtlos ohne Gottes Werk, das unsere Blindheit und Herzenshärte überwindet.“ 

So wie Psalm 119, 35 – 37 beschreibt: 

Leite mich auf dem Pfad deiner Gebote! Denn ich habe Gefallen daran. Neige mein Herz zu deinen Zeugnissen und nicht zum Gewinn! Belebe mich auf deinen Wegen! 

Psalm 119, 35 – 37

Gebet ist das Echo auf die Freiheit Gottes im Herzen des kraftlosen Menschen. So sollen wir leben, sterben und studieren, sodass Gott die Ehre und wir die Gnade erhalten. 

– zusammengefasst aus John Piper: Überwältigt von Gnade