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American Gospel – Rezension (Teil 2)

Wie gehen wir mit dieser theologischen Missbildung um, die insbesondere mit Pfingstkirchen bzw. charismatischen Kirchen in Verbindung gebracht wird? Ich denke der Film „American Gospel“ ist eine gute Antwort auf diese Frage.

“This is the best clarifying juxtaposition of truth and prosperity preaching I know of. I pray millions of people around the world will watch this for the glory of Christ and his Good News.”

John Piper

Der bekannte amerikanische Theologe John Piper sieht in dem Film „American Gospel“ eine herausragende Gegenüberstellung von Wohlstandsevangelium und dem biblischen Evangelium. Der Begriff Wohlstandsevangelium beschreibt die Auffassung, dass persönlicher Erfolg, Reichtum oder Gesundheit Beweis für die Gunst Gottes sind. Durch ausreichend Glaube und überwiegend gutes Verhalten kann ich den Erfolg in meinem Leben mehr oder weniger erzeugen.  

Wie gehen wir mit dieser theologischen Missbildung um, die insbesondere mit Pfingstkirchen bzw. charismatischen Kirchen in Verbindung gebracht wird? Ich denke der Film „American Gospel“ ist eine gute Antwort auf diese Frage. Mit großer Reichweite und insgesamt seriöser Darstellungsweise wird in diesem Film die Lüge Schritt für Schritt, oder besser Schnitt für Schnitt, demaskiert und durch eine biblische Perspektive korrigiert.  

Wer das Privileg genießt, in einer Kirche zu Hause zu sein, die das Evangelium so verkündet, wie die Apostel es getan haben, wird sich vielleicht die Frage stellen, wieso dieser Film auf ein derart breites Echo stößt. Denn eigentlich ist doch nichts Neues darin zu finden. Dabei vergessen wir manchmal, wie vielen Menschen der Zugang zum christlichen Glauben erschwert wird, weil eine pervertierte Version des Evangeliums von häufig charismatischen Männern und Frauen von den Kanzeln gepredigt wird.  

Die Gegenüberstellung von Lüge und biblischer Wahrheit ist den Machern des Filmes aus meiner Sicht insbesondere mit grafischen Darstellungen immer wieder sehr gut gelungen. Von Minute 20:51 bis 21:28 wird das Bild eines Baumes verwendet, um zu verdeutlichen, dass die Errettung immer im Glauben wurzelt und als Frucht die Werke hervorbringt. Von Minute 22:53 bis 25:00 wird die Reihenfolge von Rettung und Gehorsam bildhaft sehr einprägsam sichtbar gemacht, unter anderem anhand von Exodus 20, 2-3:  

»Ich bin der HERR, dein Gott; ich habe dich aus der Sklaverei in Ägypten befreit. Du sollst außer mir keine anderen Götter verehren! 

2. Mose 20, 2-3; HfA

An diesem Bibeltext zeigt sich, dass Gott das Volk Israel durch sein Eingreifen gerettet hat und ihnen erst im Anschluss die Gesetze als Lebensordnung gibt. Im Alten und im Neuen Testament begegnen wir einem Gott, der uns zuerst retten und erst dann einen Anspruch an unser Leben formuliert. Denn nur so wird sich niemand rühmen können oder stolz von sich behaupten können, dass er oder sie sich die Erlösung und das Eingreifen Gottes verdient hätte.  

Denn nur durch seine unverdiente Güte seid ihr vom Tod gerettet worden. Das ist geschehen, weil ihr an Jesus Christus glaubt. Es ist ein Geschenk Gottes und nicht euer eigenes Werk. Durch eigene Leistungen kann ein Mensch nichts dazu beitragen. Deshalb kann sich niemand etwas auf seine guten Taten einbilden. 

Epheser 2, 8-9; HfA

Auch die Gegenüberstellung von reformatorischer und römisch-katholischer Lehre in Bezug auf die Erlösung von 16:27 bis 19:45 ist einfach und anschaulich dargestellt. Wieder neu begreift man, wieso die Widerentdeckung der biblischen Erlösungslehre für die Reformatoren derart lebensverändernd gewesen ist. Die angemessene Reaktion ist sicherlich Dankbarkeit dafür, dass wir das Evangelium in seiner ganzen Schönheit erkennen dürfen und uns dadurch umgestalten lassen dürfen. Insbesondere die erwähnten Passagen im Film sind aus meiner Sicht sehr informativ. Wer also einfach mal in den Film reinschauen möchte, dem empfehle ich diese Stellen. 

Eine Schwäche des Filmes ist aus meiner Sicht, dass Zitate von einigen Pastoren teilweise sehr verkürzt dargestellt und so aus dem Kontext herausgerissen werden. Insbesondere von Predigern, wie Steven Furtick oder John Gray habe ich das Evangelium auch schon in großer Klarheit gehört. Natürlich müssen aber auch sie sich die Frage gefallen lassen, ob sie nicht eine zu große Nähe zum Wohlstandevangelium aufweisen und sich deutlicher positionieren müssten.  

Charles Haddon Spurgeon, der vielleicht größte Prediger des 19. Jahrhunderts, gab einem jungen Prediger einmal den Hinweis, dass in jeder Predigt Christus zu finden sein muss. Der junge Mann war der Ansicht, dass Christus in dem Predigttext, über den er gerade eben gepredigt hatte, nicht zu finden sei. Spurgeon erwiderte: „Junger Mann, wissen sie nicht, dass es in England in jeder Stadt, in jedem Dorf, in jedem Weiler, ja von jedem Haus aus – eine Straße nach London gibt? Genauso führt von jedem Bibeltext ein Weg zur Metropole Christus. Ich würde über jede Hecke und jeden Graben gehen, um zu meinem Herrn zu kommen. Deine Aufgabe ist es, von jedem Text den Weg zur Metropole Christus zu finden.“  

Eine ähnliche Aussage wird auch in dem Film „American Gospel“ getroffen und sie ist sicherlich richtig. Dennoch schließt dieses Vorgehen bei der Exegese und der Vorbereitung einer Predigt nicht aus, dass wir ganz bewusst auch die Nebenstraßen Richtung Metropole gehen. Ich kann also durchaus in der Geschichte von David & Goliath die Charaktereigenschaften und Vorgehensweisen von David betrachten und mir zum Vorbild nehmen. Die Metropole bzw. Hauptaussage ist aber, dass David ein Bild für den wahren Retter Jesus Christus ist, der uns (das Volk) vor Sünde und Tod (Goliath) gerettet hat. Beim Schauen des Filmes könnte man den Eindruck bekommen, dass jede Auslegung des Bibeltextes, die nicht dauerhaft Christus thematisiert, zu vermeiden ist. Richtig ist aber eher, dass wir die Nebenstraßen thematisieren können und am Ende doch immer verdeutlichen sollten, wie dieser Weg zu Christus hinführt. 

Der Film „American Gospel“ ist aus meiner Sicht eine richtige und wichtige Antwort auf Irrlehren, die das Evangelium angreifen. Er ermutigt uns zur Wachsamkeit und zum gründlichen Bibelstudium.